20.03.14

Ich würde dich so gerne küssen / Patrycja Spychalski


 
" `Ich weiß nicht, was ich aus meinem Leben machen soll. Ich bin nicht verrückt oder so. Ich habe keine besonderen Talente, keine großen Leidenschaften. Ich bin ein stiller Zuschauer. Ich schaue der Welt zu. Ich schaue zu, wie andere leben. ´ "

Frieda ist ein ehrer unauffälliges junges Mädchen. Geht brav zur Schule, ab und an auf eine Party, macht ihren Eltern keine Sorgen. Sie ist eben normal. An ihrem Geburtstag trifft sie auf Jeffer, der alles andere als normal ist. Schon sein Name scheint kein richtiger Name zu sein. Er ist aufgedreht, zieht die Blicke aller Mädchen an und wohnt in einer eigenen Wohnung. Ein krasser Kontrast zur eher ruhigen Frieda, die sich gern im Hintergrund hält und doch den Blick auf zentrale Dinge richten kann. Diese nimmt sie mit ihrer Videokamera auf. Ein bisschen scheint es so, als könne sie damit das frei legen, was im Menschen schlummert.

" `Vielleicht will ich alles, auf jeden Fall zu viel. ´ "

Als Friedas Eltern verreisen ist sie auf sich allein gestellt. Sie nutzt die Chance und zieht zu Jeffer. Dadurch hat sie das Gefühl erwachsener zu sein. Sie muss nicht nur für sich allein sorgen, sondern hat zum ersten Mal die Möglichkeit sich auch auf sich selbst zu konzentrieren. Manchmal ist es schwer mit einem sehr aktiven Mann an der Seite, der das Publikum braucht, der es liebt sich vor der Menge zu verstellen und dort einfach mal nicht der sein zu müssen, der er wirklich ist. Schwierig, wenn zwei solche Welten aufeinander treffen, aber auch aufregend. Ein Rausch der Gefühle, so dass sich Friede mehr als einmal fragt, ob sie sich vielleicht in Jeffer verliebt hat. Wenn er sie nur küssen würde, dann wäre sie sich bestimmt sicher. Ein Kuss entscheidet alles. Ein Kuss bringt Klarheit in ein Gefühlschaos, ein Kuss entscheidet, ob man den Lebensweg gemeinsam beschreitet oder ob von dem Moment an eine dicke Mauer dazwischen ist. Ob man den anderen mit allen Sinnen erleben oder doch lieber Abstand gewinnen möchte. Ein Kuss könnte alles klären ...

Die Spannung zwischen Jeffer und Frieda ist für mich regelrecht greifbar. Ich kann sie bis in jede Faser spüren, kann mich ihrer genau so wenig entziehen wie die beiden Protagonisten. Dabei geht es nicht unbedingt nur um das sprichwörtliche Knistern zwischen zwei Verliebten, sondern auch darum gemeinsam die eigenen Stärken und Schwächen erkennen, entdecken, was bisher verborgen blieb, sich finden und irgendwie auch reifer werden. Gerade Jeffer zeigt nur ungern wer er wirklich ist. Lässt niemanden in sich hineinblicken, baut eine Mauer um sich herum, um nicht verwundbar zu sein.

"Sobald sie Musik machen werden sie versöhnlich, sanft und wunderschön."

"Ich würde dich so gerne küssen" ist das Debüt der sehr sympathischen Autorin Patrycja Spychalski, deren Jugendroman "Fern wie ein Sommerwind" zu meinen persönlichen Highlights aus dem Jahre 2013 zählte. Mich verbindet mit ihr nicht nur die wundervollen Leseerlebnisse, sondern auch die Leidenschaft zur Musik, die in "Ich würde dich so gerne küssen" besonders deutlich zur Geltung kommt. Die Tatsache, dass die Protagonisten meinen Lieblingsfilm "Walk the Line" schauen, der vom Leben Johnny Cashs handelt, dem Jeffer mit seinem Charme und seiner einnehmenden Art ein bisschen ähnelt, hat mich ihnen näher gebracht. Als sie dann einen meiner Lieblingssongs, "Lola" von den Kinks, gehört haben, bin ich in regelrechte Glücksgefühle ausgebrochen. Den Soundtrack ihres Lebens könnte ich mir stundenlang gemeinsam mit ihnen anhören. Einfach nur da sitzen, Musik hören, ab und an ein bisschen reden.
Ich fühle mich in Gegenwart der beiden so wohl, dass ich mich schon darauf freue Frieda bald wieder zu treffen. In Patrycja Spychalskis neustem Roman "Der eine Kuss von dir". Ich bin gespannt darauf, wie sie sich entwickelt hat, welche Lieder nun zu ihrem Leben gehören und welche aufregenden Momente der Job als Kamerfrau einer Rockband so mit sich bringen.
 

Buchinfo:

 
cbt (2012)
268 Seiten
7,99 €

2 Kommentare:

  1. Hach, schön <3 Da bekomme ich gleich noch mal Lust auf das Buch. Im Moment ist es ja in einer Kiste ;-) aber es wird auf jeden Fall für immer bei mir bleiben. Die Musik, das Feeling und auch das echte Ende (das sich viele Autoren nicht trauen), machten das Buch für mich zu etwas ganz Besonderem. Super geschrieben, Nanni!
    LG,
    Damaris

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  2. Hey,

    danke :) Ich mochte es auch wirklich richtig gern. Wie du schon sagst: Es ist so "echt".
    Und die Atmosphäre ... einfach toll!! Für diese Woche habe ich mir "Der eine Kuss von dir" vorgenommen :)

    LG Nanni

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