05.10.14

Das Haus der vergessenen Bücher / Christopher Morley



" 'Die Menschen wissen nicht, dass sie Bücher haben wollen. Ich brauche Sie nur anzusehen, um zu erkennen, dass Ihre Seele krank ist, weil Sie der Lektüre entbehrt, aber zum Glück sind Sie sich dessen nicht bewusst. Die Menschen gehen erst dann zu einem Buchhändler, wenn sie nach einem schweren Unfall ihrer Seele oder durch Krankheit die Gefahr erkennen.' "

Roger Mifflin, Buchhändler in einem kleinen Antiquariat, Librocubilarist und Menschenkenner, ist der Protagonist dieses literarischen Schatzes aus dem Jahre 1919, das in diesem September vom Atlantik Verlag nicht einfach nur neu aufgelegt, sondern auch wunderschön gestaltet wurde. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er seinen Laden mit präziser und höchster Leidenschaft. Für Jeden, der das Antiquariat besitzt, hat er sofort das passende Buch parat.

" '[...] Das Leben in einer Buchhandlung ist wie das Leben in einem Munitionslager. Diese Regale sind angefüllt mit dem gefährlichsten Sprengstoff der Welt - dem menschlichen Geist.' "

An einem kalten Novemberabend betritt Aubrey Gilbert das Antiquariat "Parnassus", um Roger Mifflin für seine Werbeagentur zu begeistern. Natürlich bedarf weder eine Buchhandlung dieser Art, noch ein Roman irgendeiner Form von Werbung, doch man ist sich sympathisch, kommt ins Gespräch und Roger lädt Aubrey zum Essen ein. Angetan vom außergewöhnlichen Buchhändler, seinem Antiquariat, das so voller wunderbarer Möglichkeiten neues zu entdecken steckt, und der zukünftigen Praktikantin Titania, wird er täglicher Besucher im "Parnassus". Als ein Buch scheinbar ein Eigenleben zu bekommen scheint, entwickelt er detektivischen Spürsinn und kommt schon bald einer sonderbaren Gemeinschaft auf die Spur...



" '[...]Dumemrweise sind Wahrheit und Lüge nicht in Schwarzweiß angelegt. Manchmal habe ich gedacht, die Wahrhaftigkeit wäre ganz von der Erde verschwunden', sagte Roger bitter. 'Wie alles andere wurde sie von der Regierung rationiert.[...]"

Ein Protagonist, der Bücher liebt, der ihnen verfallen ist und ihre Kraft und Stärke erkennt - der Traum eines jeden Lesers. So ist es nicht verwunderlich, dass man die Bekanntschaft mit Roger Mifflin nicht mehr missen und ihn und seine Frau liebend gern ins Antiquariat oder bei ihren allabendlichen Lesestunden begleitet. Einmal mit dem Buch begonnen, kann man sich der Geschichte, die schier zeitlos ist, nicht mehr entziehen. Dafür ist nicht nur der Inhalt, sondern vor allem der Wohlfühlaspekt verantwortlich. Ich mag es sehr wie bedächtig Morley nicht nur mit seinen Charakteren umgeht - selbst dann, wenn sie Gefahren ausgesetzt sind - sondern auch seine Worte wählt. Es ist die gesamte Achtsamkeit dieser Zeit, in der "Das Haus der vergessenen Bücher" spielt, die mich so begeistert. Achtsamkeit im Umgang miteinander und mit dem wenigen was man besitzt. In Mifflins Fall natürlich besonders mit Büchern.

" '[...] Die Menschen in Büchern kommen einem mit der Zeit wirklicher vor als irgendein Mensch im richtigen Leben.' " 

"Das Haus der vergessenen Bücher" ist ein Muss für jeden Leser, der sich in der Welt der Bücher, dem Zauber, der sie umgibt, wohlfühlt. Ein Roman, der einen ganz eigenen Charme besitzt, mit viel Charakter zu begeistern weiß und trotz seines Alters so zeitlos ist, wie nur Geschichten es sein können.

Buchinfo:


Atlantik (September 2014)
256 Seiten
18,00 €
Übersetzerin: Renate Orth-Guttmann

3 Kommentare:

  1. Eine wunderbare Rezension!

    Dieses Buch scheint wirklich etwas ganz Besonderes zu sein und landet deshalb ganz schnell und weit oben auf meiner Wunschliste. Vielen Dank für den Tipp!

    Liebe Grüße,

    Claudi

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  2. Das klingt sehr spannend, zumal ich Bücher über Bücher eh sehr gerne mag - vielen Dank für die Rezension, wandert gleich auf meine Wunschliste :)

    Liebe Grüße,
    Klingenfänger
    von http://klingenfaenger.blogspot.de/

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  3. Okay, ich muss es ganz definitiv auch lesen! Wie lang ist die Liste der Bücher, die ich von dir leihen möchte, schon?

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