31.10.14

Ehre / Elif Shafak



„Man konnte sein Kind ’Ehre’ nennen, sofern es ein Junge war. Männer besaßen Ehre. Greise, Männer mittleren Alters, ja selbst kleine Schuljungen, die noch nach der Milch ihrer Mutter rochen. Frauen besaßen keine Ehre, sie besaßen Scham. Und ’Scham’, das wusste jeder, wäre ein ziemlich schlechter Name.“

Es ist schon eine Weile her, dass ich diesen Roman gelesen habe, der in gleicher Weise wundervoll und doch bedrückend ist. Der mich mit Worten berührt, belastet und verzaubert. Worte, die sich in Gedanken verformen, die mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf gehen, denn Autorin Elif Shafak spricht Themen an, die angesprochen werden sollten, und lässt ihre Charaktere eine Härte spüren, die sich dem Stil ihrer Sprache so sehr widersetzt, wie einige ihrer Protagonisten es gegenüber ihrem Schicksal versuchen.

„Niemand wusste es, doch tief in ihrem Herzen war Jamila bereits verheiratet – mit ihrem Schicksal.“

Schicksal ist eins der gewichtigen Themen im Roman. Ist der Lebensweg von vornherein bestimmt? Ist es einfacher diesen so hinzunehmen und zu ertragen oder versucht man besser dagegen anzukämpfen? Sein Glück selbst in die Hand nehmen, um nach Anstrengung und Not dann doch auf eben diesem vorgezeichneten Weg zu landen? Oder eben nicht? Wie weit wird dies beeinflusst von Familie, Kultur, Glauben?

„Er warf Gegenstände an die Wand vor lauter Hass auf die ganze Welt, die ihn in die Enge trieb und in der die Angst vor dem Schatten seines missbrauchenden Vaters nur darauf lauerte, ihm zu sagen, dass er ja letztlich nicht so anders sei als dieser.“

Es ist nicht nur ein Roman über Schicksal, sondern – wie der Name schon sagt – über Ehre und auch über Schuld und Vergebung. Alles Themen, die darauf basieren, dass sie für verschiedene Menschen, verschiedene Bedeutung haben. Ehre ist Auslegungssache. Was dem einen wichtig ist, ist für den anderen vielleicht unwichtig. Wieder eine Frage von Familie, Kultur, Glauben. Eine Frage, die zu Konflikten führen kann und die den Lebensweg einer Person so zeichnen kann, dass sie erst dadurch zu einer individuellen Persönlichkeit werden kann. Und letztendlich geht es allen doch gar nicht um so ganz große Dinge, sondern um Anerkennung und Zuneigung.

„Die Liebe war eine Krankheit, belebend und erhebend, aber eine Krankheit.“


„Ehre“, der neuste Roman der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak ist ein besonderer Roman, der nicht nur berührt, sondern zugleich spannend und mitreißend ist. Die dunkle Seite im Menschen kommt zum Vorschein in dieser Geschichte, die sich über mehrere Generationen einer Familie hinzieht. Ein Buch, das sehr achtsam gelesen werden sollte, denn die Worte der Autorin sind sehr weise und gewichtig und finden fast alle im späteren Verlauf der Geschichte noch einmal Bedeutung. Man sieht sich immer zweimal im Leben. So hoffentlich auch ein weiterer Roman dieser sprachgewaltigen Autorin, deren Sätze ich regelrecht aufgesogen habe, und ich.

Buchinfo:

528 Seiten
22,90 €
Originaltitel: Honour
Übersetzerin: Michaela Grabinger

2 Kommentare:

  1. Noch ein Buch, das ich unbedingt lesen will und schon länger auf meiner Wunschliste steht! Wir dürften einen ähnlichen Geschmack haben!
    Liebe Grüße
    Martina

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