20.07.16

Als der Himmel uns gehörte - Charlotte Roth



Jennifers Leben ist das Laufen. Ohne Laufen fühlt sie sich nicht wohl. Es hilft ihr Gedanken zu ordnen und sich zu finden. Aber es ist auch ihr Feind, denn immer, wenn sie an einem Wettbewerb teilnehmen möchte, versagen ihre Beine. Sie hätte das Zeug für Olympia, aber dieses Problem macht ihr so sehr zu schaffen, dass sie drauf und dran ist, die Flinte ins Korn zu schmeißen.

Ein junger Ire, hübsch, nett, aber durch einen Unfall nicht mehr in der Lage selbst zu laufen, nimmt sich ihrer an. Bietet ihr an, sie zu trainieren. Durch ihn erfährt sie, dass sie nicht die erste Frau in der Familie ist, die das Zeug zu einer Olympiateilnahme hat.

Schon ihre Großmutter Alberta war eine begabte Sportlerin. Leidenschaftliche Pferdenärrin und begabte Bogenschützin. Auf dem besten Weg zu Ruhm und Ehre. Doch dann kommt der Krieg, der nicht nur ihr persönliches Schicksal beeinflusst, sondern das ganzer Nationen, kultureller Güter und eben auch das des Sports.

„Als der Himmel uns gehörte“ hat sich schon jetzt einen Platz in der Liste meiner Leshighlights 2016 ergattert. Obwohl mir bereits Charlotte Roths Roman „Als wir unsterblich waren“ sehr gefallen hat, bin ich völlig geplättet, wie gut die Geschichte der beiden Frauen ist, die sich dem Sport verschrieben haben.

Roth, die eigentlich Charlotte Lyne heißt, aber auch noch unter dem Pseudonym Carmen Lobato schreibt, erzählt auf verschiedenen Zeitebenen, die inhaltlich miteinander verknüpft werden. Dadurch entsteht ein mitreißender Sog, der dafür sorgt, dass ich die über 600 Seiten inhaliere. Leicht fliege ich durch die Seiten und bemerke nicht, wie ich eine nach der anderen verschlinge. So sehr interessieren mich die Schicksale der beiden Frauen, die sich ähnlicher sind, als sie es vielleicht geglaubt haben.

Ganz besonders gern bewege ich mich in der Vergangenheit. Alberta hat es mir angetan. Fröhlich, mutig, sportlich und mit einem großen Herz, das manchmal jedoch so übermütig ist, dass sie gar nicht merkt, dass sie anderen auf die Füße tritt. Für sie jedoch die einzige Chance sich durchzukämpfen, in einer Zeit, in der Menschen vom Wahnsinn getrieben jegliche Realität und Gerechtigkeit aus den Augen verlieren.

Ich liebe es wie Charlotte Roth wieder einmal persönliche Geschichten mit historischen Begebenheiten verknüpft. Ihre Protagonisten sind so interessant konzipiert, dass ich sie gern begleite. Nicht nur Alberta, sondern auch den sehr charmanten und erfrischenden James Seaton-Carew, der Jungspund, der nichts ernst zu nehmen scheint, außer die Liebe zu seinem Pferd und der ebenso von der Härte des Kriegs getroffen wird, wie Hannes von der Weydt, Kavallerist und Albertas erste Liebe.

Nicht nur Protagonisten werden mit viel Leben gefüllt, sondern auch Nebencharaktere. Roth verdeutlicht damit nochmals, dass jedes menschliche Leben zählt, in einem Krieg, der Menschen als wertlos deklariert. Wieder einmal schockiert mich die Tatsache, dass Menschen aufgrund einer geringen optischen Andersartigkeit, aufgrund anderer Glaubensvorstellungen, aufgrund anderer Denkweise, ausgestoßen und umgebracht werden. Eine Tatsache, die immer und immer wieder angesprochen werden muss, da es immer noch genügend Personen gibt, die daraus nichts gelernt haben.

Besonders gefallen hat mir die Verbindung zum Sport. Ich wusste zwar schon einiges über die Historie des Reitsports, aber weniger über die des olympischen Sports im allgemeinen. So sehr mich Mord und Totschlag des zweiten Weltkriegs betrübt, so sehr schockiert mich auch immer wieder, dass ebenso kulturelle Entwicklungen gehemmt wurden.

„Als der Himmel uns gehörte“ bekommt von mir eine klare Leseempfehlung. Charlotte Roth konnte mich mit ihrem Roman, der persönliche Schicksale zweier interessanter Frauen und ihrer Leidenschaft zum Sport, mit Weltgeschehen, insbesondere dem zweiten Weltkrieg, verknüpft, restlos begeistern.

Buchinfo:


Knaur (April 2015)
608 Seiten
Taschenbuch
9,99 €

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Charlotte Roth auf Fantasie und Träumerei:



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2 Kommentare:

  1. Liebe Nanni,

    danke für die Besprechung und vor allem für den Hinweis auf Roths Pseudonyme. Das hilft mir im Laden sehr viel weiter.
    Falls Du von Olympia und dem Thema Sport noch nicht genug haben solltest: "Berlin 1936" von Oliver Hilmes fand ich schlichtweg großartig. Es ist eines meiner Lesehighlights in diesem Jahr.

    Viele Grüße,
    Friederike

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    1. Bitte gern ;)
      Ich glaube auch, dass es ein Buch ist, das man gut weiterempfehlen / verschenken kann, weil es sicher eine recht breite Masse an Lesern anspricht.
      Danke für den Tipp. Ich hatte es schon ins Auge gefasst, fühle mich nun aber noch einmal bestätigt ;)

      Liebe Grüße
      Nanni

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