31.08.17

[Monatsrückblick] Leseliebe im August






Geplauder:


Der August hat mich aufgefressen. Mich, meine freie Zeit, meine Blogorganisation, meine Lesezeit und meine Blogbeiträge. Gefühlt ist all das zu kurz gekommen. Tatsächlich ist das gar nicht oder nur teilweise so. 

Privat hatte ich ziemlich viele Termine. Freunde haben geheiratet, Kinder bekommen, Geburtstage gefeiert oder einfach Zeit für Treffen gehabt, weil Sommerferien waren. 

Wir haben ganz viel mit der Räubertochter unternommen, die einen Entwicklungsschub nach dem anderen hat. Von einem Tag auf den anderen nimmt sie ihre Umwelt anders wahr, hat einen neuen Rhythmus und versucht ganze Sätze zu sprechen, obwohl sie einige Worte noch gar nicht kann. Sie übt fleißig zu kommunizieren und ihre versucht ihre Laufgeschwindigkeit zu verbessern. Die Eltern unter euch wissen, was das bedeutet. Am Abend und in der Nacht müssen all die Eindrücke verarbeitet werden. Unruhe und Schlaflosigkeit folgen. Für mich als Mutter eine schöne und spannende, aber auch sehr anstrengende Zeit.

Nebenbei den Blog in dem Maße zu befüllen, wie ich es in den Monaten davor getan habe, fiel mir deshalb im August sehr schwer. Es geht mir ähnlich wie meiner Tochter. Auch ich muss all die vielen Veränderungen erstmal verarbeiten und einen neuen eigenen Rhythmus finden. Aktuell bin ich schlichtweg Urlaubsreif. 

Daher gönne ich mir eine kleine Blogpause. Diese beginnt am 16.09. und geht bis zum 12.10. Letzter und erster Beitrag werden die Abstimmungsartikel der #JdKöKi Aktion sein (als kleine Orientierung für euch). Ich werde mich aber vorher nochmal zum Thema Blogpause zu Wort melden.



Leseliste:



AUGUST:

57) "Sturm über Windhaven" / L. Tuttle & G.R.R. Martin / Penhaligon
58) "Die Unvollkommenheit von Liebe" / E. Strout / Luchterhand
59) "Perfect" / C. Ahern / S.Fischer FJB
60) "Tessa. Entscheidung deines Herzens" / A. Szillat / Coppenrath
61) "Und es schmilzt" / L. Spit / S. Fischer
62) "Rimini" / S. Heiss / Kiepenheuer & Witsch
63) "Die Gabe der Könige" / R. Hobb / Blanvalet
64) "Der Junge auf dem Berg" / J. Boyne / S. Fischer FJB






Im August habe ich wieder einmal richtig Glück gehabt mit meiner Buchauswahl. Bis auf "Perfect", das mir leider nicht so gut gefallen hat, wie sein Vorgänger "Flawed", kann ich euch die meisten Bücher meiner Augustleseliste empfehlen. Mein persönliches Highlight war "Die Gabe der Könige", eine Neuauflage der Weitseher-Bücher von Robin Hobb. Ein gut konzipierter High Fantasy Roman in historisch anmutendem Setting, der gut konzipiert und durchweg spannend war. 

Extremste Gefühle hat Lize Spit mit ihrem Debüt "Und es schmilzt" ausgelöst. Das Buch hat mich mit-, aber auch runtergezogen. Seite für Seite gerät man in den Bann der außergewöhnlich guten Schreibe, durch die Spit die Gefühle der Figuren zu deinen eigenen werden lässt. Dann kommt die Finale Handlung. Ein Schock, ein Schmerz, den du erstmal wieder loswerden musst. Das Buch wird sehr kontrovers diskutiert. Leseempfehlung aussprechen oder nicht? Ich finde, dass darin Themen angesprochen werden, die dringend auf den Tisch müssen. Oberflächliches Lesen ist hier natürlich nicht angebracht, sondern ein konzentrierter Blick in die Tiefe. Hast du "Und es schmilzt" schon gelesen? Kommt es für dich überhaupt in Frage?



Weitere Beiträge:


In der Kinder Traumstube findet ihr nun 3 Buchtipps für Kinder ab 18 Monate.

Der Reiseproviant Beitrag hatte im August das Nachsehen. In #9 könnt ihr wieder viele Netz- und Lesetipps finden, sowie das Rezept für ein sehr leckeres Dessert.




Challenges:


In der Fischer Challenge wurden folgende Aufgaben gestellt:
Lies eine Dystopie: "Perfect" / Cecilia Ahern
Lies einen Einzelband: "Und es schmilzt" / Lize Spit

Der #JdKöKi August war der Monat des Ausnahmezustands. Im Juli habt ihr gleich zwei Bücher auf den ersten Platz des August Titels gewählt. Der Königskinderrat tagte und entschied, dass eins davon der August Titel wird - "Winger" - und eins der September Titel - "Der Himmel über Appleton House". Im August gab es keine weitere Abstimmung. Wir haben euch und uns ein kleines Päuschen gegönnt und so können wir alle im September wieder frisch und fröhlich nominieren und abstimmen.


Welches Buch war dein Highlight im August? Welches Buch möchtest du im September unbedingt lesen?




28.08.17

Die Gabe der Könige - Robin Hobb







Fitz ist ein Bastard, der Sohn eines Prinzen und eines Bauernmädchens. Doch schon in jungen Jahren nimmt ihn der König in seine Dienste. Noch ahnt Fitz nicht, was er für seine Treue aufgeben muss – seine Ehre, seine Liebe, sogar sein Leben! Denn die Intrigen bei Hofe sind mannigfaltig, und Fitz kann seine Augen nicht vor dem drohenden Unheil verschließen, das dem Reich droht. Doch da befiehlt ihm der König, genau das zu tun. Fitz muss sich entscheiden: Wird er gehorchen oder seinem eigenen Gewissen folgen?
Dieses Buch ist bereits unter dem Titel »Der Adept des Assassinen« im Bastei-Lübbe Verlag erschienen und unter dem Titel »Der Weitseher« im Heyne Verlag.
(Text & Cover: © Randomhouse; Foto: © N. Eppner)



Seit einigen Jahren schon möchte ich die Weitseher Trilogie von Robin Hobb lesen, die für ihre Werke bereits mehrfach ausgezeichnet und empfohlen wurde. G. R. R. Martin betitelt ihre Romane als "Grund zum Feiern" und ich kann ihm da nur zustimmen - "Die Gabe der Könige" zu lesen war mir ein Fest.

Als Bastard des Thronfolgers kommt Fitz ins Schloss seines Großvaters. Von einigen gemocht, von anderen gefürchtet, von vielen gehasst, wächst er dort auf und versucht seinen Platz im Leben am Hofe zu finden. 

Er spürt, dass er eine besondere Gabe hat. Dass er über eine besondere Verbindung zu Tieren aufbauen kann. Doch was nützt ihm all die Außergewöhnlichkeit, wenn er einsam und ohne Anerkennung vor sich hindarbt. 

Doch dann erweckt er die Aufmerksamkeit des Königs. Wird zu seinem treuen Gefolgsmann, was für ihn etliche Prüfungen beinhaltet. Er wird zum Spielball von Neid, Gier und dem Wunsch nach Macht.





Fitz ist eine richtig gute Figur, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Beim ersten Zusammentreffen ist er noch ein unscheinbarer kleiner Junge, doch nach und nach durchläuft er etliche Stufen der Entwicklung, die ihn prägen und zu dem machen, was er ist. 

Parallel zu Fitz' Entwicklung, verändern sich auch Spannung und Dramatik der Geschichte. Seicht beginnt Hobb mit einem ersten Kennenlernen der Personen, führt ihren Lesern*Innen deren Charaktereigenschaften vor Augen und bindet somit Leserschaft und Figuren aneinander. Hassen oder lieben - die Entscheidung fällt leicht, obwohl der Schein manchmal trügt. Schnell entsteht eine gewisse Vertrautheit, die den Wunsch weckt immer wieder zum Buch zu greifen. 

Schon nach kurzer Zeit scheinen über 600 Seiten zu wenig. Ich möchte weiter lesen und meine Zeit mit Fitz verbringen. Wie wird er sich in Gegenwart des Königs verhalten? Wird er seine Prüfung überstehen? Scheinbar belanglose Handlungen gewinnen an Gewicht. In meinem Wunsch im Buch zu verharren, aber auch in der Geschichte selbst. 

Nach und nach zieht Hobb die Spannung an. Ich bin schon viel zu tief im Geschehen verankert, um davon nicht gnadenlos eingenommen zu werden. Der Showdown fesselt mich so sehr, dass ich alles um mich herum vergesse. Zum Glück ist dies erst der Anfang einer Trilogie. Zwei weitere Bände folgen. Ich blicke ihnen mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Freue mich aufs Weiterlesen und bin mir nicht sicher, wie ich meine Leseleidenschaft ohne Fitz gestalten soll. Große Leseempfehlung für den Auftakt der Weitseher-Trilogie.


Buchinfo:

Penhaligon (2017)
608 Seiten
Klappenbroschur
15,00 €
ÜBERSETZUNG: Eva Bauche-Eppers
hier kaufen

Reiheninfo:

1. Die Gabe der Könige
2. Der Bruder des Wolfs (ET: 16.10.2017)
3. Der Erbe der Schatten (ET: 11.12.2017)

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Rezensionen: © 2017, Nanni Eppner

26.08.17

Hexenherz. Eisiger Zorn - Monika Loerchner





Europa, 1466: Als die Hexenverfolgung immer weiter um sich greift, schreitet die bisher geheime Elite der Hexen ein und offenbart: Jede Frau ist der Magie fähig!

550 Jahre später wächst die junge Hexe und staatstreue Gardistin Helena in einer Gesellschaft heran, in der die Vorherrschaft der Frauen unumstößlich scheint. Sie träumt davon, weiter im Dienst der höchsten Hexe, der Goldenen Frau, aufzusteigen. Doch als sie Opfer einer Intrige wird und fliehen muss, gerät sie in die Fänge von Rebellen. Denn auch das stärkste Regime hat seine Fehler – und seine Feinde... (Text & Cover: © Acabus; Foto: © N. Eppner)

Monika Lorchner hat mich mit ihrem Debüt positiv überrascht. Nie hätte ich erwartet, dass hinter diesem Fantasyroman so starke Aussagen stecken. Dachte ich zu Anfang, dass es sich um ein rein feministisches Werk handelt, wurde ich nach einigen Seiten eines besseren belehrt. Nicht die Frau steht im Mittelpunkt, sondern die individuelle Persönlichkeit an sich. 

Es ist bekannt, dass die phantastische Literatur keine Flucht vor der Realität ist, sondern vielmehr deren Spiegel. Oftmals werden politische, aber auch sozialkritische Themen verarbeitet. Das Thema "Geschlechterkampf" ist mir in diesem Genre bis dato noch nicht untergekommen. Ich finde es mutig von Monika Loerchner sich direkt im ersten Roman an ein in diesem Genre noch wenig ausgearbeiteten Thema zu beschäftigen.

Verstecken muss sie sich damit keineswegs. Ihr Roman "Hexenherz" ist wirklich gelungen. Im Fokus steht wie gesagt die Rollenverteilung der Geschlechter, sowie der Kampf darum mehr Augenmerk auf Individualismus und weniger auf das Geschlecht der Person zu legen. Verpackt sind diese sozialkritischen Themen in eine spannende Handlung voller überraschender Wendungen. Bei der Ausarbeitung ihrer Figuren hat sich die Autorin viele Gedanken gemacht. Details wie etwa die sehr männliche Sprache der weiblichen Protagonistin, unterstreichen das Statement der Autorin zum Thema Gleichberechtigung.

Ein, zwei kleine Kritikpunkte habe ich, die dem Roman als Ganzes jedoch nicht schaden. Manchmal gerät die Sprache ins Schwanken. Fällt mir etwas zu viel ins subtile ab. Kritikpunkte mangelnder Gleichberechtigung sowie die Tatsache, dass es uns Frauen Schmerzen und hormonelle Schwankungen bereitet, wenn wir unsere Periode bekommen, werden ein wenig zu häufig erwähnt. Ich möchte nicht mit der Nase auf diese Punkte gedrückt werden. Ich möchte selbst darauf kommen, dass es Gleichberechtigung notwendig ist, aber eher in der Theorie, als in der Praxis stattfindet und ich möchte dies nicht deshalb erfahren, weil es konkret im Buch steht, sondern weil der Kontext es hergibt und ich durch Einsatz meines Gehirns darauf komme.

"Hexenherz" zeigt, dass wir uns nicht über unser Äußeres bzw. in dem Fall Inneres definieren sollten, nicht über die Schubladen, in die andere uns stecken - und das schon über Jahrhunderte, dass wir nicht an bestehenden gesellschaftlichen Strukturen festhalten müssen, sondern dass jeder Mensch als Individuum gesehen werden sollte. Ich bin wertvoll, weil ich ich bin.

Buchinfo:

Acabus (2017)
440 Seiten
Paperback
15,00 €
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Weitere Rezensionen:


Extras:

Interview mit der Autorin auf zu ende gelesen

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24.08.17

Und es schmilzt - Lize Spit





Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt.Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit.
Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie nie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf – mit einem großen Eisblock im Kofferraum. (Text & Cover: © S. Fischer; Foto: © N. Eppner)


"Und es schmilzt" ist ein Buch, das erstmal verarbeitet werden muss. Ein Buch, das du im Kopf behalten möchtest, das du gleichzeitig aber auch wieder loswerden musst. 

Die Atmosphäre wird dich auffressen. Die Spannung wird dich mürbe machen. Die alles entscheidende Handlung wird dich schockieren, möglicherweise anekeln. Die vielen kleinen Dinge, die nebenbei geschehen, werden ihr übriges tun, um deine Gefühle ins rotieren zu bringen.

"Und es schmilzt" verfügt über einen ungnädigen Sog, dem ich mich beugen musste. Nach 100 Seiten denke ich immer noch, dass sich der Roman darum dreht wie Jan gestorben ist und ich habe keinen blassen Schimmer, was die Auflösung sein könnte. Das wurmt mich. Am liebsten würde ich bis zum entscheidenden Punkt vorblättern, aber ich möchte keinen Satz, kein Wort verpassen. Und das, obwohl Dinge passieren, bei denen ich eigentlich lieber nicht zuschauen möchte.

Protagonistin Eva geht es ähnlich. Sie ist Teil der drei Musketiere. Der einzige weibliche Part dieses Trios, zu dem neben ihr noch Laurens und Pim gehören, und in dem die Machtverhältnisse so ungleich verteilt sind, dass es mich fast schmerzt. 

Eva möchte bei dem, was Laurens und Pim tun eigentlich nicht bei sein, kann aber auch nicht weg. Kann sich nicht von ihnen entfernen, denn außer den beiden hat sie nichts. Nach Hause zu gehen ist keine Alternative. Dort ist es dreckig, ungemütlich und kalt. Die Mutter flüchtet sich in Alkohol, der Vater redet lieber vom Tod, als vom Leben. Andere Freunde hat sie nicht. Der Versuch einer Freundschaft mit einem Mädchen ist gescheitert. 

Spit baut eine Atmosphäre auf, wie ich es bisher selten erlebt habe. Gleich einem schwülen Sommertag, hängen die Ereignisse in Evas Leben drückend über dem Roman. Über mir. Kommt die Familie ins Spiel, wird die Geschichte von einem trostlosen grau überzogen. Dreht sie sich um die Freundschaft der drei Jugendlichen glimmt sie in einem gefährlichen rot. 

Lize Spit zeigt ziemlich direkt und abschreckend zu was es führen kann, wenn man wegschaut, Tatsachen ignoriert und weiter in der selbst geschaffenen Wirklichkeit verweilt, statt anzupacken und Veränderungen herbeizuführen.

Über den Inhalt von "Und es schmilzt" möchte ich gar nicht mehr verraten. Es ist wichtig den Roman eigenständig zu entdecken. Unberührt Bekanntschaft zu machen mit dem dörflichen Leben, in dem so vieles unausgesprochen bleibt. In dem Kinder verkommen und Seelen verdunkeln können, ohne das irgendeiner etwas dagegen tut. Neben der sehr offensichtlich bedrückenden Atmosphäre, die noch lange nach beenden des Buches über mir hing, gibt es ganz viel zwischen den Zeilen zu lesen. Wünsche nach Dazugehörigkeit, Trostlosigkeit, kleine Freuden, Schuld und vieles mehr. Es lohnt sich danach zu suchen. 



Buchinfo:

S. Fischer (August 2017)
512 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
22,00 €
ÜBERSETZUNG: Helga van Beuningen 
hier kaufen

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18.08.17

[Kurz gesagt] Perfect. Willst du die perfekte Welt? - Cecilia Ahern






Celestine wurde als „fehlerhaft“ gebrandmarkt, sie gehört nun zu den Menschen zweiter Klasse. Doch statt sich den strikten Regeln des Systems zu unterwerfen, flieht sie. Denn Celestine ist auch ein Symbol der Hoffnung für alle anderen Fehlerhaften.
Gelingt es ihr, den grausamen Richter Crevan zu überführen? Das wäre die Chance auf einen Neuanfang für die Fehlerhaften. Aber gibt es auch für ihre große Liebe eine neue Chance?
Für Celestine geht es um alles – um Gerechtigkeit für sich selbst und alle anderen und um eine lebenswerte Zukunft. (Text & Cover: © S. Fischer; Foto: © N. Eppner)



  • "Perfect" ist der zweite Band und damit Abschluss von Cecilia Aherns Ausflug in das Jugendbuchgenre. Die Geschichte spielt in einem dystopischen Setting, das mit seinem Zwang nach Perfektion keinesfalls fiktiv ist, sondern sehr stark an Nationalsozialistische Vorgaben aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erinnert. Dass Ahern diese Grundlage nutzt, finde ich sehr gelungen.
  • Band 1 "Flawed. Wie perfekt willst du sein?" hat mir so richtig gut gefallen. Pageturner durch und durch. So waren meine Erwartungen an "Perfect" ziemlich hoch. Ahern ist es leider nicht gelungen die Spannung aus "Flawed" mitzunehmen und so habe ich mich durch eher langatmige Handlungen durchgeackert, während ich den ersten Teil verschlungen habe. Von der Actiongeladenen Rasanz ist nichts mehr zu spüren, dafür wirkt der Tonfall plappernd und gehetzt.
  • Celestine, die in "Flawed" noch sehr heldenhaft wirkt, weil sie Mitgefühl zeigt und sich von Drohungen und Gewalt nicht abschrecken lässt, büßt in "Perfect" ihren Mut und ihr emanzipiertes, sowie empathisches Auftreten ein. Von der starken jungen Frau wird sie zum naiven Mädchen, das mir mehr und mehr auf die Nerven geht.
  • Ich finde es richtig schade, dass Aherns Dystopie so sehr an Qualität und Spannung verloren hat. Ich hätte das Finale gerne so sehr gemocht wie den Einstieg. Trotzdem hoffe ich, dass Ahern, die einfach sehr unterhaltsam und gefühlvoll schreiben kann, weitere Ausflüge in das Jugendbuchgenre wagt.


Buchinfo:

S. Fischer FJB (November 2016)
480 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
18,99 €
ÜBERSETZUNG: Christine und Anna Julia Strüh

Reiheninfo:

2. Perfect. Willst du die perfekte Welt?

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16.08.17

[Kinder Traumstube] Entdecken - 3 Buchtipps für Kinder ab 18 Monaten



Schäfchen, Hund und Eselkind

Wer lebt auf dem Bauernhof?
Große Fühlelemente und ein kleines Suchspiel auf jeder Seite laden zum Entdecken der Welt ein. (Text & Cover: Coppenrath)

"Schäfchen, Hund und Eselkind" begeistert durch liebevolle Zeichnungen und eingängige Reime, die von den Kleinen schnell erkannt und mitgesprochen werden können. Jedes Tier ist mit einem Stückchen Stoff ausgestattet, das dem Fell des Tieres nahe kommt und die taktile Wahrnehmung anspricht. Aus diesem Stoff wurden Lesezeichen in den Buchschnitt geklebt, so dass die Kleinen, sobald sie das Fell ihres Lieblingstieres verinnerlicht haben, dieses auch mit einem Griff wiederfinden. Später können mit diesem Buch außerdem Farben erklärt und mit den Kindern eingeübt werden, das erfühlte zu beschreiben. 

Die Größe des Buches (13 x 13 cm) ist besonders gefällig für die kleinen Händchen und passt prima in Wickeltasche und co.

Coppenrath | Illustration: Sabine Kraushaar | 9,99 € | hier kaufen





Versteckt? Entdeckt!


Was ist denn das? Ein Wollknäuel mit Mütze oder doch ein Schaf? Was siehst man dort? Einen bunten Hut auf vier Beinen oder doch eine Schildkröte? Auf jeder Seite verändern sich die Bilder im Handumdrehen mit dem Schieber und es kommen lustige bunte Tiere zum Vorschein. Mit dem originelle Spieleffekt auf jeder Seite wird das Buch zum Tier-Rate-Spaß mit vielen Überraschungen! (Text & Cover: Sauerländer)
Kurze Sätze, mit denen kleine Leser von ihren Vorlesern angesprochen werden, gleichzeitig aber auch das Gefühl bekommen, die Tiere hervorzulocken, die sich hinter den Türchen verstecken. Ob Känguru, Schaf oder Schildkröte - einmal an der Lasche ziehen und schon haben wir die witzig gezeichneten Tiere entdeckt. Dadurch, dass nur wenig Text vorhanden ist, bleibt Raum für die eigene Fantasie. Gespräche über die aufgezeigten Tiere, ihren Lebensraum, ihre Mimik und das, was sie gerade machen, bringen Eltern und Kind in Kontakt und regen die Fantasie an.

Das Buch ist aus fester Pappe und zeigt auch nach mehrmaliger Benutzung kaum Gebrauchsspuren.

Sauerländer | Illustration: Nastja Holtfreter | 8,99 € | hier kaufen




Fühl mal, such mal! - Wo ist Pipo Pinguin?


Abwechslungsreiche und fröhliche Illustrationen animieren in diesem von Yayo Kawamura gestalteten Pappbilderbuch zum genauen Hinsehen und Fühlen: Der kleine Pipo ist kuschelweich beflockt und auf jeder Seite versteckt. Kleine Spurensucher fühlen und merken sofort: Hier ist Pipo! Ein altersgerechter Suchspaß. Mit Flocking auf dem Cover sowie auf allen Innenseiten. (Text & Cover: Coppenrath)

Am Südpol ist ganz schön was los. Ständig schlüpfen neue Pinguinkinder. In all dem Gewusel ist es gar nicht leicht den Überblick zu behalten. Obwohl Pipo aussieht wie alle Pinguine, ist er ganz leicht von den anderen zu unterscheiden. Während sie sich glatt anfühlen, ist Pipo weich.

"Wo ist Pipo Pinguin?" ist auf die Förderung der taktilen Wahrnehmung ausgerichtet. Fröhliche, bunte Bilder und kindgerechte Texte, laden zum lesen ein. Streichen die kleinen Leser über die Buchseiten, können sie Pipo erfühlen. Am Anfang nicht ganz einfach, aber schon schnell finden sie große Freude daran immer und immer wieder nach Pipo zu suchen. Noch ein paar Wochen weiter und das Buch kann als Wimmelbuch genutzt werden. Auf jeder Seite gibt es ordentlich was zu entdecken. 

Coppenrath | Illustration: Yayo Kawamura | 9,99 € | hier kaufen


14.08.17

Tessa 01. Entscheidung des Herzens - Antje Szillat



Gerade hat Tessa mit ihrem Pony Carlos am Kreislehrgang teilgenommen, da passiert das Unglück: Carlos wird bei einem Reitunfall verletzt. So schwer, dass er nicht mehr reitbar ist. Für Tessa bricht eine Welt zusammen. Doch dann trifft sie durch Zufall auf die junge Hannoveraner Stute Ronja und ist sofort hin und weg. Aber Ronja hat schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht, ist schreckhaft und unnahbar. Wird Tessa es trotzdem schaffen, Ronjas Vertrauen zu gewinnen? Tessa auf dem Weg zum Erfolg – Pferdebuch voller großer Gefühle, Wagnisse und echter Pferdeliebe! Mit einem Vorwort von Nicole Uphoff, der mehrfachen Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Dressurreiten. (Text & Cover: © Coppenrath; Foto: © N. Eppner)


Einmal Pferdemädchen, immer Pferdemädchen - daher kann ich an Pferderomanen nicht vorbei gehen, ohne einen zweiten Blick darauf zu werfen. Egal für welches Alter sie bestimmt sind. Ist es dann auch noch von einer*m Autor*in geschrieben, mit deren / dessen Büchern ich gute Erfahrungen gemacht habe, darf das Buch sehr gerne bei mir einziehen.

Den ersten Band der Tessa-Reihe habe ich - mit kurzer Unterbrechung - verschlungen. Nachdem ich die sehr bewegenden Worte der Schirmherrin Nicole Uphoff, erfolgreiche Dressurreiterin und Olympiasiegerin, gelesen habe und die ersten Tränchen kullerten, da sie mir mit ihrer Einstellung zum Reiten wahrlich aus der Seele spricht.

Antje Szillat ist ebenfalls der Meinung, dass ein Pferd kein Sportgerät, sondern ein Partner auf Lebenszeit ist. Diese Überzeugung setzt sie in ihrem Buch konsequent um. Kein mahnend erhobener Zeigefinger, sondern eine liebevolle Geschichte über ein Mädchen und seine Liebe zu Pferden.

Szillat kommt ganz ohne Kitsch und rosarote Ponyhofromantik aus. Erzählt eine Geschichte, die aus dem Leben gegriffen sein könnte. Die aus dem Leben gegriffen ist. Ihrem eigenen. Nur allzu gut kennt sie das Gefühl einem Pferd zu begegnen, dessen Anblick das Herz zum strahlen bringt. Die Chemie stimmt und trotzdem ist die Arbeit mit dem Pferd kein Spaziergang, denn es hat schlechte Erfahrungen gemacht, hat gelernt, dass der Mensch nicht nur Gutes mit sich bringt.

Tessas und Ronjas Geschichte ist die der beiden Szillat Töchter und ihrer Stute Ros de la Sol. Rosie und Merle zieren sogar das Cover. Auf Antje Szillats Instagram Kanal sind Fotos der beiden zu sehen, die nach einem langen und anstrengenden Weg zusammengewachsen und nun ein erfolgreiches Team sind, das bereits etliche Preise gewonnen hat. In einem sehr berührenden, bebilderten Nachwort geht Antje Szillat näher auf diesen Abschnitt ihres Lebens ein.

"Tessa. Entscheidung deines Herzens" hat mir richtig, richtig gut gefallen. Von meinen Eltern habe ich gelernt, dass Pferde mehr sind als Partner im Sport. Vor allem auch, dass wir viel von ihnen lernen können. Erst wenn ein*e Reiter*in das verstanden hat, kann er / sie mit seinem Pferd zusammenwachsen. In vielen Reitschulen wird dies nicht vermittelt. Deshalb freut es mich umso mehr, dass es "Tessa" gibt, ein Buch, aus dem viele kleine unerfahrene, aber auch große, fortgeschrittene Reiter*innen lernen können, was die Arbeit mit dem Pferd bedeutet. Ein Buch, das helfen kann den eigenen Blickwinkel zu verändern. 


Buchinfo:

Coppenrath (2017)
208 Seiten
Hardcover
9,99 €
ab 10 Jahren
hier kaufen

Reiheninfo:

Band 1: Tessa. Entscheidung deines Herzens
Band 2: Tessa. Aufbruch ins Glück (ET: 28. September 2017)

Weitere Rezensionen:


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Rezension: © 2017, Nanni Eppner

13.08.17

[Reiseproviant] #9|17





Literarische Reise:



Der Traum vom Fliegen

"Sturm über Windhaven" ist eine überarbeitete Neuauflage des Romans "Windhaven", den Tuttle 1981 gemeinsam mit G.R.R. Martin schrieb und der 1982 für den Locus Award nominiert wurde.
Schon nach wenigen Seiten fällt auf - diese beiden Autoren verstehen ihr Handwerk. Der Sog packt mich und die ersten Hundert werden fix inhaliert. Dies kann über das gesamte Buch gehalten werden und so habe ich es in kurzer Zeit weggelesen.





Unperfekt

"Perfect" ist der Abschlussband von Cecilia Aherns Dilogie, die ins Genre Dystopie für Jugendliche einzuordnen ist. Teil 1 "Flawed" hat mich ziemlich stark fesseln können und wahre Begeisterungsstürme hervorgerufen. "Perfect" ist leider nur noch ein lauwarmer Abklatsch.


Einmal Pferdemädchen, immer Pferdemädchen

Daher habe ich den ersten Band von Antje Szillats neuer Pferdebuchserie "Tessa" in Kürze verschlungen. Antje geht es in ihrem Buch darum, zu vermitteln, dass Pferde keine Sportgeräte, sondern Partner fürs Leben sind. Ihr Roman basiert auf der wahren Geschichte ihrer Tochter Merle und deren Stute Ros de la Sol, die beide das Cover zieren. Rosie war ein Problempferd, doch Familie Szillat hat nicht aufgegeben und nun sind Merle und ihre hübsche Stute ein tolles und erfolgreiches Team.


Jeder liebt, so gut er kann

"Sie schreiben über eine Mutter, die ihre Tochter liebt. Unvollkommen. Weil wir alle nur unvollkommen lieben können." (S. 114)
"Die Unvollkommenheit der Liebe" ist ein Buch der leisen Töne, das jedoch zwischen den Zeilen sehr laut klingt. Darin stecken Anklagen und Wehklagen, Verdruss und der Wunsch nach mehr, aber auch ganz viel Liebe. Denn jeder liebt, so gut er eben kann. Niemals vollkommen, aber orientiert an den eigenen Möglichkeiten. Dass dabei Wunsch und Wirklichkeit nicht immer konform laufen, kommt in guten wie in schlechten Familien vor.








Zeitreise:


Wie ein fernes Lied

"Lange verdrängte Bilder stiegen unerwartet in ihr auf. Von johlenden Männern in Uniformen, die alte Leute schlugen, vom Mob, der leichtfertig den Parolen irgendwelcher Politiker folgte und den eigenen Missmut an hilflosen Menschen ausließ. Ihr war es in ihrem bisherigen, bald einundzwanzigjährigen Leben immer gelungen, sich der Nähe der Partei und ihren willfährigen Handlungen zu entziehen. [...] Und auch, weil sie als Swinggirl andere Wertvorstellungen besaß, als die meisten Mitglieder der Hitlerjugend."
Micaela Jary ist zu einer meiner Lieblingsautorinnen geworden. Spannend paart sie Geschichte und tragische, sowie schöne persönliche Schicksale. Immer eine Lesezeitreise wert.





Der Schatten meines Bruders

"Der Schatten meines Bruders" ist ein Roman mit viel Gefühl, poetisch geschrieben und sehr tiefgreifend. Nicht immer sind es schöne Gefühle, die der Leser während des Lesens in sich aufnimmt und dennoch ist es eine Geschichte, die man mag. Ich bin zwar etwas zwiegespalten, da es einige Elemente im Roman gibt, die ihm die Authentizität nehmen und dadurch meinen Lesefluss etwas hemmen, aber die berührende Geschichte dieses sympathischen Mädchens wiegt das Ganze wieder auf. Es sind nicht die Elemente, in denen Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen, die mich stören, sondern die Art, wie der Autor sie herüber bringt. Einem Debütanten sei dies verziehen. Mit Recht wurde dieser bewegende Roman, der vom Verlag Beltz & Gelberg mit so viel Liebe gestaltet wurde, mit dem LUCHS ausgezeichnet und landete auf der Liste der 7 besten Bücher für junge Leser. Ein kleines Büchlein, das tief bewegt.

Die Mutter meiner Mutter

„Die Mutter meiner Mutter“ hat mich sehr bewegt, denn es zeigt, wie lange Gewalt nachwirkt. Wie viele noch heute an den Gräueltaten des zweiten Weltkriegs leiden, egal ob direkt oder indirekt betroffen. Aus meiner Arbeit weiß ich wie langwierig Traumata und Ängste bestehen, werde dort immer wieder damit konfrontiert, dass sich negative Erlebnisse wie Gewalt, Missbrauch, Alkoholkonsum über Generationen durchziehen, dass Verhaltensmuster von einer Generation zur Nächsten weiter gegeben werden. Sabine Rennefanz stellt diese Problematik in ihrem Roman so dar, dass sie auch für Psychologie Laien leicht verständlich ist. Verpackt sie zudem in einer Geschichte, die sich gut und gern lesen lässt, auch wenn sie teilweise bedrückend ist. Interessant geschrieben, ohne zu sehr in einen Sachbuchcharakter zu fallen. Lesenswert!







Netzrundreise:

Wie die Sterne stehen ...

Kennst du eigentlich schon das Bloghoroskop von Kunterbunte Flaschenpost?


#Juni 15x30

So lautet der Name einer Challenge, die The Organized Cardigan veranstaltet hat. Getreu der Capsule Wardrobe einen Monat lang mit nur 30 Bekleidungsstücken auskommen. Die Challenge habe ich leider verpasst, dennoch gibt es dort tolle Anregungen.


Motiviert arbeiten, Veränderungen angehen

Auf Blogchicks stellt dir Anne eine Liste mit Büchern vor, die dich genau dabei unterstützen können.


Granola

Ich liebe Granola. Diese knusprige und energiereiche 
Form des Müslis steht jeden Tag auf meinem Speiseplan. Eigentlich habe ich ein bewährtes Rezept, aber ich muss unbedingt auch das von Naturally Good ausprobieren, das mit Cashewnüssen und Orangensaft verfeinert wird.










Kulinarische Reise:


Manchmal will man einfach nur übrig gebliebene Lebensmittel verarbeiten und zack! Hat man ein Dessert, in dem man gerne baden würde. 

Für 3 Personen 
4 EL Mascarpone
2 EL Quark
1 Becher Joghurt (klein)
.
verrühren
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Abrieb einer Zitrone hinzu
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einen Schuss Rum (alkoholfrei Rumaroma)
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2 EL Ahornsirup dazurühren.
.
Im Wechsel mit gefrorenen Himbeeren schichten und im Idealfall einen halben Tag ziehen lassen.
Vorm servieren Granola oder Quinoapops drüber geben.




11.08.17

#JdKöKi im Ausnahmezustand




Häh? Wie bitte? In diesem Monat gibt es keine Abstimmung?

Ja, du hast genau richtig gesehen. Wir gönnen euch und uns eine kleine Abstimmungspause. Lesen werden wir natürlich trotzdem. Ohne geht ja gar nicht.

Grund dafür ist die #JdKöKi Abstimmung aus dem Monat Juli. Dort habt ihr alle so fleißig für "Winger" und "Der Himmel über Appleton House" abgestimmt, dass beide Titel auf Platz eins gelandet sind. 





Ausnahmezustand. Was nun? Das #JdKöKi Team tagte und kam in Abstimmung mit Projektpartnerin Ramona vom Carlsen / Königskinderverlag zu dem Ergebnis, das "Winger" der Augusttitel wird und "Der Himmel über Appleton House" der Septembertitel.





Ihr könnt euch im August also entspannt zurücklehnen. Fleißig lesen und fotografieren (natürlich dürft ihre für all eure Posts in den Sozialen Netzwerken den #JdKöKi verwenden) dürft ihr natürlich trotzdem. 

Wer von euch kennt denn schon eins der beiden Bücher?
Wer liest mit?

09.08.17

Die Unvollkommenheit der Liebe - Elizabeth Strout




Als die Schriftstellerin Lucy Barton längere Zeit im Krankenhaus verbringen muss, erhält sie Besuch von ihrer Mutter, die sie jahrelang nicht mehr gesehen hat. Zunächst ist sie überglücklich. Doch mit den Gesprächen werden Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend wach, die sie längst hinter sich gelassen zu haben glaubte … (Text & Cover: © Randomhouse; Foto: © N. Eppner)


Lucy liegt im Krankenhaus, fühlt sich einsam. Ihr Mann geht einen Schritt, der ihn vermutlich viel Überwindung gekostet hat und ruft Lucys Mutter an, zu der ein schwacher Kontakt besteht, seit die Tochter beschlossen hat einen zu heiraten, der deutsche Wurzeln hat. Für den Vater, der im Krieg gedient hat, ein Schlag ins Gesicht.

Obwohl die Beziehung von Mutter und Tochter bisher in eisiger Stille verharrte, ist Lucy froh, dass die Mutter ihr nun die Zeit vertreibt. Sie kommt fast um vor Langeweile. Der Mann ist der einzige, der sie ihr nehmen könnte, doch der muss sich um Haushalt und Kinder kümmern. Als Erwachsene verspürt man nie mehr so stark die Sehnsucht nach der eigenen Mutter wie in der Zeit der Krankheit.

Für Lucy bedeutet dies aber nicht nur Glück. Der Anblick der Mutter bedeutet auch Konfrontation mit der eigenen Kindheit, die aus Lucys Augen nicht gerade so war, wie sie es gewünscht, wie sie es bedurft hätte.

Ihre Eltern waren arm. Allein von der Oberfläche her, hat Lucy sich von anderen Kindern unterschieden. Sie ist schmutzig zur Schule gegangen, hatte alte, zu klein gewordene Kleidung, wurde als stinkend empfunden. Die Familie konnte sich nichts leisten. Wollte es nach Lucys Ansicht auch gar nicht. Gewalt steht immer wieder im Raum. Die Wut, die der Vater als Kriegsheimkehrer in sich trägt und die sich hin und wieder ihren Weg an die Oberfläche bahnen muss.

"Sie schreiben über eine Mutter, die ihre Tochter liebt. Unvollkommen. Weil wir alle nur unvollkommen lieben können." (S. 114)

Lucy hat ihr Leben lang Probleme mit dem eigenen Selbstwertgefühl, braucht lange, um sich selbst zu finden. Obwohl sie sich in ein neues Leben gekämpft hat, bildet sie sich immer ein, dort nicht hinzugehören, dies nicht zu verdienen. Als Schrifstellerin muss sie sich mit Vielem auseinandersetzen. An vorderster Front mit sich selbst.

Erst im Nachhinein, nach Gespräch und Verlust der eigenen Mutter, nach dem Scheitern der Ehe und einer gewissen Scham bei den eigenen Kindern, versteht sie, das die Eltern sie geliebt haben, so gut sie eben konnten. Lucy weiß nicht, seit wie vielen Generationen es sich schon durchzieht, dass die Eltern nicht in der Lage sind ihre Gefühle auszudrücken, dass sie in ihrem Kokon aus Müssen, um zu halbwegs Zurecht zu kommen, aus dem Wunsch heraus nicht aufzufallen, ein Leben führen, dass sie überleben, aber nicht leben lässt. 

"Die Unvollkommenheit der Liebe" ist ein Buch der leisen Töne, das jedoch zwischen den Zeilen sehr laut klingt. Darin stecken Anklagen und Wehklagen, Verdruss und der Wunsch nach mehr, aber auch ganz viel Liebe. Denn jeder liebt, so gut er eben kann. Niemals vollkommen, aber orientiert an den eigenen Möglichkeiten. Dass dabei Wunsch und Wirklichkeit nicht immer konform laufen, kommt in guten wie in schlechten Familien vor. Ich glaube es ist das Verstehen, dass uns im Endeffekt milde stimmt und dafür sorgt, dass wir vergeben und nicht so hart mit anderen und uns selbst ins Gericht gehen. Strout setzt Gedankengänge an, die sicher viele von uns in irgendeiner Form bewegen und zum nachdenken anregen. Ein guter Roman. Leseempfehlung.



Buchinfo:

Luchterhand (2016)
208 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
18,- €
ÜBERSETZUNG: Sabine Roth
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Rezensionen: © 2017, Nanni Eppner

07.08.17

Sturm über Windhaven - Lisa Tuttle & George R.R. Martin



Windhaven – eine wunderschöne Wasserwelt, doch geplagt von gewaltigen Stürmen. Die Menschen leben verstreut auf vielen kleinen Inseln, und es ist fast unmöglich, Kontakt zueinander aufzunehmen. Dennoch – oder deswegen – ist auf Windhaven ein alter Traum wahr geworden: Menschen können fliegen. Doch die Flügel sind kostbar, und die Gilde der Flieger ist eine streng abgeschottete Elite. Trotzdem will sich Maris von Amberly ihren Traum vom Fliegen nicht nehmen lassen … (Text & Cover: © Randomhouse; Foto: © N. Eppner)


"Sturm über Windhaven" ist eine überarbeitete Neuauflage des Romans "Windhaven", den Tuttle 1981 gemeinsam mit G.R.R. Martin schrieb und der 1982 für den Locus Award nominiert wurde.

Schon nach wenigen Seiten fällt auf - diese beiden Autoren verstehen ihr Handwerk. Der Sog packt mich und die ersten Hundert werden fix inhaliert. Dies kann über das gesamte Buch gehalten werden und so habe ich es in kurzer Zeit weggelesen. Schade, denn Protagonistin Maris ist mir schnell ans Herz gewachsen.

Tuttle und Martin gelingt es eine Faszination für die Welt der Flieger aufzubauen, der auch Protagnistin Maris unterliegt. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als eine von ihnen zu sein. Dies gestaltet sich als etwas schwierig, denn das Recht Flügel zu tragen, wird von Generation zu Generation weiter gegeben. Ein erster Blick hinter die Fassade lässt mich erahnen, dass der Schein trügt und die Flieger nicht durchweg gute Menschen sind, die sich ihren Status redlich verdient haben.

Schaut man genauer hin lässt sich eine gewisse Oberflächlichkeit in den Fliegerfamilien erkennen. Eine Art Kastensystem, das mit Arroganz auf andere herabschaut. Tuttle und Martin bauen dies sehr geschickt auf, sorgen zunächst für Bewunderung und dann dafür, dass ich mein eigenes Hirn einschalte und darüber nachdenke, ob es nicht Systeme gibt, die zwar schon seit ewigen Zeiten bestehen, aber doch längst überholt sind.

Maris möchte sich von bestehenden Regeln und Konventionen nicht abhalten lassen. Sie kämpft für ihren Traum, wird zur Rebellin, zum Vorbild einer ganzen Generation. Doch dann gerät auch sie in einen Gewissenskonflikt.

"Sturm über Windhaven" liest sich sehr leicht, ist spannend aufgebaut und wäre mit Themen wie dem Wunsch, die eigenen Träume zu Verwirklichen, Ehrgeiz und Kritik an bestehenden Systemen, auch auf einen zeitgenössischen Roman übertragbar. In meinem Kopf läutete immer mal wieder die Glocke der Ungerechtigkeit, die auch im Feminismus bekannt ist. Hier aber weniger auf Frauen, als auf gleichgeschlechtliche Gruppen übertragbar, die durch ihre Geburt ihre Position in der Gesellschaft zugewiesen bekommen. Der Weltenbau ist nicht sehr komplex, aber sehr anmutig und daher auch gut für Fantasyeinsteiger geeignet.

Buchinfo:

Penhaligon (Juli 2017)
Klappenbroschur
448 Seiten
15,00 €
ÜBERSETZUNG: Angelika Fuchs

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Rezensionen: ©2017, Nanni Eppner

04.08.17

The Hate U Give - Angie Thomas



Die 16-jährige Starr lebt in zwei Welten: in dem verarmten Viertel, in dem sie wohnt, und in der Privatschule, an der sie fast die einzige Schwarze ist. Als Starrs bester Freund Khalil vor ihren Augen von einem Polizisten erschossen wird, rückt sie ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Khalil war unbewaffnet. Bald wird landesweit über seinen Tod berichtet; viele stempeln Khalil als Gangmitglied ab, andere gehen in seinem Namen auf die Straße. Die Polizei und ein Drogenboss setzen Starr und ihre Familie unter Druck. Was geschah an jenem Abend wirklich? Die Einzige, die das beantworten kann, ist Starr. Doch ihre Antwort würde ihr Leben in Gefahr bringen... (Text & Cover: © Randomhouse; Foto: © N. Eppner)

Seit ich Denken kann sind Gleichberechtigung und Rassismus ein Thema. In meinem privaten Umfeld und für mich. Ich engagiere mich hier und da, übe einen sozialen Beruf aus, um zu helfen, interessiere mich für Politik, lese fiktive und nicht fiktive Romane über die Historie der Sklaverei und verfolge, was in der Welt geschieht. Und trotzdem war mir nicht bewusst, dass es in den USA nach wie vor so eine krasse Unterscheidung zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarben gibt. Ich schäme mich dafür und bin froh, dass Angie Thomas ein Buch geschrieben hat, das mir und hoffentlich auch vielen anderen, die Augen öffnet.

Starr ist anwesend, als ihr Freund Khalil ohne ersichtlichen Grund von einem weißen Polizisten erschossen wird. Warum ist nicht klar und letztendlich zählt nur, dass er einen Jugendlichen umgebracht hat. Schreie nach Gerechtigkeit werden laut. Das ist Mord und der darf nicht ungestraft bleiben.

Dass es einen Unterschied macht, welche Hautfarbe das Opfer hat, welcher ethnischen Gruppierung es angehört, ist sowohl Starr, als auch mir nicht klar, bis wir Bekanntschaft machen mit der Ungerechtigkeit, mit der Khalil behandelt wird. Es tauchen so viele Fragen über Recht und Unrecht auf, dass ich nicht in der Lage bin, diese alle in Worte zu fassen. Der Klos in meinem Hals sitzt zu fest, wenn ich daran denke, was in Starrs Leben alles passiert.

Khalil ist schon der zweite Mensch, dem Starr beim Sterben zuschaut. Als sie 10 Jahre alt ist, wird ihre Freundin Natasha auf offener Straße erschossen. Ein Kind, das zwischen die Kugeln der sich bekämpfenden Banden gerät.

Diese Bandengeschichten sind eine grausame Tradition. War das vielleicht auch dein Gedanke? Hier solltest du unter die Deckschicht aus Coolness und Zusammenhalt schauen. Warum gibt es den Zusammenschluss einzelner Gruppen? Warum herrscht so viel Gewalt? Warum müssen Jugendliche Drogen verkaufen?

Es ist der Wunsch, den wir alle in uns tragen, der sie dazu treibt. Der Wunsch zu überleben. Denn dort wo Starr und ihre Familie leben, gibt es keine Gerechtigkeit, keine Gleichberechtigung. Menschen bekommen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen Zugehörigkeit keine angemessene Schulbildung. Keinen Job. Keine angemessene Bezahlung. Sie werden in Schubladen gesteckt und abgestempelt. Nur wenige schaffen den Weg hinaus, denn er ist unberechenbar.

Angie Thomas hat all diese Ungerechtigkeiten mit denen Schwarze auch heute - über 50 Jahre nachdem gesetzlich festgelegt wurde, dass sie vollwertige Mitglieder der Gesellschaft sind (es schmerzt mich diesen Satz zu schreiben, denn es ist tragisch, dass dies überhaupt in Gesetzen verankert werden muss) - noch zu kämpfen haben, in einen spannenden Roman geschrieben, der hoffentlich ganz viel Gehör findet. Ganz ohne belehrend erhobenen Zeigefinger. Eine Geschichte, die für sich selbst spricht.

Etwas kritisch betrachte ich die Darstellung der Polizei. Ich hoffe, dass diese durch den Roman nicht in die Schublade gedrängt wird, aus der Thomas' Protagonisten heraus wollen. Dass die Jugendlichen auch durch die Figur des Onkel Carlos verstehen, dass man Menschen nie wegen ihres Berufs, ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens - whatever - über einen Kamm scheren sollte.

"The Hate U Give" ist nicht nur ein extrem spannendes, bewegendes Buch, sondern vor allem ein wichtiges Buch, das von ganz, ganz vielen Menschen gelesen werden sollte, um deren Horizont ebenso zu erweitern wie meinen. Nur so können wir etwas verändern.

Buchinfo:

cbt (Juli 2017)
512 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
17,99 €
ÜBERSETZUNG: Henriette Zeltner
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Rezension: © 2017, Nanni Eppner

02.08.17

Mit jedem Jahr - Simon van Booy



Ein kleines Mädchen, das seine Eltern zu früh verloren hat. Ein Mann, gebrandmarkt vom Leben und zurückgezogen. Als Jason seine Nichte Harvey bei sich aufnimmt, wissen beide nicht, wie ihr Alltag zu zweit aussehen wird. Doch die Freude, die mit dem Mädchen einkehrt, lässt Jason ahnen, dass er seinem Leben vielleicht doch eine Wendung geben kann – gemeinsam mit Harvey. (Text & Cover: © Insel; Foto: © N. Eppner)


"Mit jedem Jahr" ist ein kleiner, feiner Roman, der ganz unaufgeregt und ehrlich die Geschichte zweier Menschen erzählt, die verdeutlicht, dass es ganz egal ist, wer oder was du bist, solange du dein Herz öffnest, um einen Menschen dort hinein zu lassen. Die Menschen, die wir lieben, sind das, was im Leben wirklich zählt.

Jason ist Ex-Knacki, hatte einen Alkoholiker-Vater, lebt von eBay Verkäufen, die er in seiner Garage sammelt, hat Alkohol getrunken und Drogen konsumiert und ist tätowiert. Eines Tages steht diese penetrante Sozialarbeiterin vor seiner Tür, um ihm dieses kleine Mädchen vorzustellen, dass seine Nichte sein soll und angeblich bei den Großeltern aufwachsen soll, weil Jasons Bruder und dessen Frau bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. 

Doch dann äußert Harvey den Wunsch bei Jason leben zu wollen, was eigentlich gar nicht sein kann, nicht sein darf, denn was hat er ihr schon zu bieten?

Wie sehr sind mir Harvey und Jason ans Herz gewachsen. Zwei sympathische Menschen, die Autor Simon van Booy aus dem Leben gegriffen hat. 

Jason, der keinerlei Selbstbewusstsein, ja manchmal nicht einmal mehr Selbstachtung, aber ein großes Herz hat. Und Harvey, die sich einfach nur ein liebevolles Zuhause wünscht. Das Zusammenleben der beiden ist nicht leicht. Überall gibt es Ecken und Kanten, an denen die beiden sich stoßen können. Konventionen und Vorurteile, die es zu überwinden gilt. Aber wann ist das Leben schon einfach?

Simon van Booys Schreibstil ist klar, sanft und ehrlich. Er zeigt, dass es wichtig ist das eigene schwarz-weiß denken zu verlassen. Dass nicht immer alles perfekt sein muss, um zu funktionieren und dass es wichtig ist, die eigenen Grenzen zu überschreiten. Es lohnt sich.


Buchinfo:

Insel (März 2017)
310 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
22,00 €
ÜBERSETZUNG: Claudia Feldmann
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Rezension: © 2017, Nanni Eppner