29.10.10

Evil: Das Böse - Jan Guillou

KURZBESCHREIBUNG:
Erik wird seit jüngster Kindheit von seinem Vater misshandelt. Er lernt die Gewalt zu ertragen und wird der Anführer einer Jugendbande, was für ihn im Alter von 14 zu einem Schulverweis führt. Seine einzige Chance doch noch das Abitur zu machen ist die Eliteschule Stjärnsberg zu besuchen. Denn keiner ahnt, dass dort eine Schreckensherrschaft unter den Schülern herrscht, die mit der von Eriks Vater zu vergleichen ist und von den Lehrern übersehen wird.

EIGENE MEINUNG:
Eriks Geschichte ist heftig und ich musste beim Lesen mehr als einmal schlucken, denn die Geschichte ist, obwohl sie in den 50er Jahren spielt nur allzu gegenwärtig. In wievielen Haushalten werden Kinder von einem oder beiden Elternteilen geschlagen und/oder erniedrigt und nicht selten gibt es einen, der alles sieht, aber dennoch wegschaut. Auch an Schulen nimmt die Gewalt mehr und mehr zu. Kinder und Jugendliche werden erpresst und können oder trauen sich nicht etwas zu sagen. Viele sehen die Gewalt, aber viele schauen einfach weg.
Erik ist ein Kämpfer und möchte sein Abitur machen um später mal ein besseres Leben zu haben. Wahrscheinlich der Wunsch vieler Kinder und Jugendlicher, die ein ähnliches Schicksal erleiden mussten, doch nur die wenigsten schaffen es dem Teufelskreis zu entfliehen, der ihnen ihren Lebensweg vorgibt, denn wer nichts anderes als Schläge kennt, kann auch nichts anderes als Schläge anwenden. Auch Erik macht die Erfahrung, dass er die Gewalt nicht ohne weiteres umgehen kann und letztendlich benutzt auch er die Angst der anderen um dem "Angst machen" ein Ende zu bereiten.
Das Buch hat mich sehr berührt. Ich hab immer gedacht: "Armer Erik. Irgendwann muss das doch mal ein Ende nehmen.Wie kann man nur so viel Leid ertragen??!"
Der Autor hat die Problematik der Gewalt meiner Meinung nach hervorragend dargestellt und hat auch nicht ausgelassen, in was für einen Teufelskreis Betroffene schnell geraten können. So ist es beispielsweise im Buch so, dass die Schüler, die von den Schülern des Abiturjahrgangs herumgeschubst worden sind, auf das Recht pochen später die Jüngeren ebenfalls herumzuschubsen, obwohl sie eigentlich genau wissen sollten, dass es Scheiße ist.
Jan Guillou hat ein gegenwärtiges Problem spannend in einen Roman verwandelt, den ich sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen sehr ans Herz lege.

27.10.10

Das Sexleben eines Islamisten in Paris - Leila Maroune

KLAPPENTEXT:
Denn, und das will ich hier noch einmal unterstreichen, ich interessiere mich ausschließlich für weiße Frauen, Frauen, die an die Pille und an Kondome gewöhnt waren, die körperlich und geistig frei waren, Frauen, die sich aus freien Stücken für die Ehelosigkeit entschieden hatten und die diesen Weg nun voller Genuss und guter Laune, ohne Skrupel oder Bedenken gingen, im Gegensatz zu den jungen Frauen in meiner Siedlung, die ihre Einstellung Jungfrau-bis-zum-Hals-keusch-bis-zur-Heirat demonstrativ zur Schau trugen.
ZUR AUTORIN:
Leila Marouane ist eine in Frankreich mit vielen Preisen ausgezeichnete Autorin, die als Kind algerischer Eltern auf Djerba geboren wurde. Seit 1990 lebt und arbeitet sie im Exil in Paris. "Das Sexleben eines Islamisten in Paris" ist bereits ihr vierter Roman, der auf deutsch erscheint.

EIGENE MEINUNG:
Der Klappentext des Buches vermittelt eigentlich einen falschen Eindruck über die Geschichte des Buches, die eigentlich keine Erzählung über das Sexleben eines Mannes ist, sondern einen Blick auf die islamische Religion vermittelt.
Mit locker leichter Schreibweise klärt die Autorin auf, ohne dabei belehrend zu wirken.
Die Geschichte lebt von jeder Menge Vorurteilen in einem Land, das sehr fortschrittlich und tolerant wirken will, mit Bewohnern, die sehr fortschrittlich und tolerant sein wollen, dann aber leider doch oft in ihr gewohntes Schema verfallen. Aber nicht nur Vorurteile und Klischees unter den verschiedenen Religionen kommen auf den Tisch, sondern auch Traditionen und Bräuche des Islams werden, teilweise sehr ironisch, dargestellt. Vor allem die Beziehung des muslimischen Mannes zu seiner Mutter wird ausführlich dargestellt und auch aufs Korn genommen.
Erzählt wird aus der Ich-Perspektive des Protagonisten Mohammed, der als ältester Sohn der Familie mit 40 Jahren eigentlich schon verheiratet sein sollte, dem allerdings so gar nicht der Kopf danach steht, da er auch immer noch Jungfrau ist und sein Sexleben nicht in einer Ehe verschwenden will. Er will nur seine persönliche Freiheit. Bei seinem Versuch diese zu finden, entfernt er sich vor allem immer mehr von seiner Religion, glaubt die Freiheit läge darin, in einer eigenen Wohnung zu leben, auszubleiben so lang er möchte und vor allem in lockeren Beziehungen zu weißen Frauen. Dabei trifft er nicht nur jedes Fettnäpfchen, sondern vor allem auch immer wieder auf Frauen, die nicht weiß sind, sondern, wie er auch, arabischer Herkunft. Und auch die Sache mit lockeren Beziehungen gestaltet sich als nicht ganz einfach...
Einen Stern Abzug bekommt das Buch, da mir das Ende nicht so gut gefallen hat. Ich hätte mir für Mohammed einen etwas anderen Ausgang der Geschichte gewünscht.
Ein herrlich erfrischendes Buch, das uns mal wieder zeigt, dass man tolerant und offen für andere Kulturen und Religionen sein sollte, da sowieso keine die perfekte ist und das der Weg in die Freiheit oft etwas anders ist, als wir ihn uns vorstellen und wir auf unserem Weg dorthin in erster Linie uns selbst im Auge behalten sollten um uns nicht zu verlieren.