29.09.15

[Geplauder] Urlaubsleseliste

Wie schon im sonntäglichen Reiseproviant erwähnt, habe ich mal wieder einen großen Stapel Bücher rausgesucht, den ich in ca. 10-14 Tagen Urlaub (wir wissen tatsächlich noch nicht, wie lange wir bleiben) lesen möchte. Glücklicherweise habe ich eine Jutetasche von Lovelybooks, in die wirklich sehr viele Bücher rein passen.

Diese Bücher reisen mit:




"Fräulein Kubitschek pfeift auf die Liebe" / A. Stein | dieses Buch ist mal ein Überraschungspaket aus dem Verlag Droemer Knaur gewesen. Ich finde es klingt nach locker leichter Unterhaltung und damit genau richtig für einen Morgen auf der Sonnenterasse.
"Liebe ist was für Idioten wie mich" / S. Schoder | Zu diesem Jugendbuch habe ich bisher NUR begeisterte Stimmen gelesen. Wird also dringend Zeit, dass ich es auch endlich lese.
"Applaus für Bronikowski" / K. Weyand | Steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, hat mich aber aufgrund seines angepriesenen Humors schon vorher interessiert. Wenn Bronikowski es schon nicht auf die Shortlist schafft, darf er wenigstens Urlaub in Südtirol machen. 
"Die fabelhaften Schwestern der Familie Cooke" / K. J. Fowler | klingt so nach einem Wohlfühlroman, das es perfekt in den Urlaub passt.
"Baba Dunjas letzte Liebe" / A. Bronsky | Noch ein Buch, das auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2015 verzeichnet war, den Sprung auf die Shortlist aber leider nicht geschafft hat. Für mich als begeisterter Bronsky Leser ein Muss.
"Späte Einsichten" / D. Leavitt | klingt toll, wurde von Herzpotenzial empfohlen, da isses!
"Er ist wieder da" / T. Vermes | Das Buch gehört dem Herzensmann. Nach dem Urlaub werden wir uns den Film im Kino ansehen. Vor einer Buchverfilmung muss ich einfach das Buch lesen. Ich bin gespannt, ob es mir gefallen wird. Ob ich den Sarkasmus mag oder ob ich das Thema einfach zu ernst finde, um es in dieser Form darzustellen.
"Ryria 03: Der Aufstieg Nyphrons" / M. J, Sullivan | Natürlich muss auch High-Fantasy mit ins Gepäck. Eifrige Leser meines Blogs wissen, dass es sich hier um eine meiner Lieblingsreihen handelt.
"Death Marked" / L. Cypess | an diesen Jugendfantasyroman gehe ich ganz ohne Erwartungen ran.
"Lockwood & Co. 02" / J. Stroud | Band 1 habe ich sehr gemocht. Nun erscheint Band 3 und obwohl meine Mathefähigkeiten sehr gering sind, weiß ich, dass ich vor dem Lesen von Band 3 am besten Band 2 lese ;)
"Der Sommer der Freiheit" / H. Rehn | Spielt Anfang des 20. Jahrhunderts und damit in einer Zeit, die ich sehr gerne mag. Da es schon viel zu lang ungelesen im Regal verweilt, darf es nun auch mit in den Urlaub.

Und zur Sicherheit habe ich da auch noch was auf dem Reader ...




"Book Elements" von Blogger Kollegin Stefanie Hasse (His & Her Books) | Ich mochte schon "Darian & Victoria" und freue mich nun auf ihren neusten Roman, der mich inhaltlich einfach auch noch mehr anspricht.
"Nachtsonne" / L. Newman | empfohlen von Lottas Bücher, inhaltlich hoffe ich auf etwas ähnliches wie die "Dustland"-Trilogie von Moira Young zu treffen.
"Der schottische Geist" ist ebenfalls ein Buch einer doch recht Bekannten Buchliebhaberin. Sina vom Youtube Kanal Glimmerfeen hat ihren Traum vom eigenen Roman verwirklicht
 und eine Geschichte geschrieben, die nach Spannung und Humor klingt. Leichte Lektüre für einen sonnigen Urlaubstag.
"Zeitrausch" / K. Kestner | war mal so ein Angebot, das mich einfach angesprochen hat.
"Promise 01" / M. Shepard | Mit den Büchern der Autorin liebäugel ich schon seit längerem. 
"Die dreizehnte Fee" / L. Adrian | eine sehr interessant klingende Märchenadaption

Nicht auf dem Foto, aber ebenfalls auf dem Reader:

"Aberland" / G. Klemm | ebenfalls auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Eine Mutter-Tochter Geschichte, die mich schon aus pädagogischen Gründen interessiert.
"Der Flötenspieler" / B. Hennen | vor kurzem hatte ich ganz viel Glück bei einem Facebook Gewinnspiel des Edel eBook Verlags. Der Preis ein eBook von Bernhard Hennen, der mit seinen Fantasyromanen zu einem meiner Lieblingsautoren geworden ist.

Welches der Bücher habt ihr schon gelesen?
Welches werdet ihr unbedingt noch lesen?


27.09.15

[Reiseproviant] #32

Ihr Lieben,


eine anstrengende Woche liegt hinter mir, aber wenn ihr diesen Post lest, befinde ich mich bereits mit dem Herzensmann im Urlaub in Südtirol.
Dafür habe ich einige Bücher eingepackt - ihr kennt es ja schon, dass ich mir immer viel mehr vornehme, als ich schaffen kann - und auch der Koffer mit meiner Bekleidung ging nicht so richtig gut zu. Vermutlich stelle ich im Urlaub auch fest, dass die ein oder andere Klamotte nicht mehr passt, denn das Baby und der Bauch wachsen gerade ordentlich.

Lesereise:


In der letzten Woche habe ich zwei Bücher gelesen, die mich überrascht haben. "Der Tag, an dem es zu schneien begann" von Lucy Clarke, das noch viel emotionaler und fesselnder war, als erwartet, und "Jenseits des Schattentores" von Beate Teresa und Susanne Hanika, das einen unerwartet anderen Erzählton hatte, als andere Bücher, die ich bereits von den Autorinnen gelesen habe, das aber auch sehr spannend war. Außerdem ist es das 100. Buch, das ich in diesem Jahr gelesen habe.
Manchmal schreibe ich Gastrezensionen für die Bibliophilin. So derzeit auch geschehen. Bzw. bin ich noch dabei das Buch zu lesen. "Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit" von Dana Grigorcea, ein Buch, in dem die Autorin von ihrer Heimat Bukarest berichtet. Die Schreibe ist relativ leicht lesig, aber durch die historischen Hintergründe von Stadt und Kultur musste ich mich erst mal mit Hilfe von Wikipedia und anderen Internetseiten durcharbeiten. Jetzt bin ich gut informiert, werde das Buch vermutlich aber erst nach dem Urlaub beenden.

Wie handhabt ihr es mit Büchern, in denen ihr euch nicht zurecht findet, weil euch Kultur und Leute fremd sind? Legt ihr sie dann lieber zur Seite, weil auch kein Interesse besteht, nähere Bekanntschaften zu machen oder ist dadurch gerade euer Interesse geweckt und ihr hängt euch noch mehr rein?

Auf meinem Blog werdet ihr auch während meiner Abwesenheit Beiträge finde. Ich plane noch ein paar Beiträge vorzubereiten. Wenn es mir gelingt eine WLAN Verbindung zu bekommen, melde ich mich auch wie gewohnt via Instagram, Facebook und Twitter. 

Blogrundreise:


Leider habe ich es auch kaum geschafft auf meinen Lieblingsblogs vorbei zu schauen, so dass ich gar nicht so recht informiert bin, was dort los war. Den ein oder anderen Beitrag habe ich aber trotzdem aufgeschnappt.

Damaris hat den letzten Teil der "Zwischen den Welten" Trilogie gelesen. Eine Reihe, vor deren beenden ich mich drücke, weil ich sie einfach so gern mag.

Süchtig nach Büchern empfiehlt die "Promise"- Trilogie von Self Publisher Autorin Maya Shepard. Band 1 habe ich mir bereits auf den eReader geladen.

Live.Love.Read. hat "Madame Rosella und die Liebe" rezensiert. Ein Buch, das interessant und lesenswert klingt.

Lebensreise:


Gekocht: Tomatensuppe, die eigentlich toskanischer Tomatenbrei werden sollte, aber die beste Tomatensupper wurde, die ich jemals gegessen habe :D



Gefrühstückt: Am Stall.
Mein ältestes Pferd - Tanja, 26 Jahre alt - hat ein neues Hobby: auf fremden Weiden fressen.
Damit das nicht mehr passiert habe ich aus dem Weidezaun einen Hochsicherheitstrakt gemacht. Scheint erst mal ganz gut zu funktionieren.

Geküsst: Den Herzensmann ♥
Letzte Woche (18.09.) haben wir geheiratet.
Es war ein absolut perfekter Tag!




Kommt alle gut in die neue Woche. Lasst euch nicht stressen!



25.09.15

[Hörbuch] Altes Land / Dörte Hansen (Sprecherin: Hannelore Hoger)



Als Anne erfährt, dass ihr Mann Christoph sie betrügt, nimmt sie ihren Sohn Leon, dessen Kaninchen Willi, und flieht zu ihrer Tante Vera. Wie es ist fliehen zu müssen, weiß Vera. Sie hat es vor Jahren am eigenen Leib erfahren, als sie aus Ostpreußen weg, über Landstriche voller Leichen und Verletzter, bis zum Anwesen der Eckhoffs zog.

Das Gefühl der Flucht ist etwas, dass sich in beide Frauen auf ihre eigene Art eingebrannt hat. Vera hat seitdem immer und in allen Situationen das Gefühl sich ihrer Heimat versichern zu müssen. Deshalb hat sie schon einen Grabstein mit ihrem Namen bestücken lassen. So weiß sie, wo sie einmal liegen wird. Die letzte Ruhestätte ist ihr sicher. Ein Gefühl der Sicherheit, das sie als junge Frau nicht hatte und dass sie sich hart erarbeiten musste. Dass sie viel in ihrem Leben gekostet hat.

Auch Anne trägt ein Gefühl der Flucht in sich. Flucht vor dem Ende ihrer Beziehung mit Christoph, flucht vor Verantwortung, Flucht vor ihrem eigenen Leben. Manchmal scheint es, als schaue sie lieber über Dinge hinweg, als könne sie gar nicht mehr alles sehen, weil sie so sehr damit beschäftigt ist, Wahrheiten zu umgehen. Geflüchtet ist sie auch aus ihrem Alltag in Hamburg-Ottensen, wo man auch als Mutter erfolgreiche Arbeitnehmerin ist, dem Kind nur die besten Vollwert-Vegan-Mikroorganistischen Lebensmittel sowie Förderungen in Mandarin, Physik und musikalischer Früherziehung zukommen lässt, immer hipp und schick ist und sich so oft trifft, dass man nie allein ist und trotzdem in Einsamkeit lebt.

Anne hat den langen Weg zu sich selbst und damit zu einem zufriedeneren Leben noch vor sich. Vera Eckhoffs Gehöft, die Gegend drumherum, das "alte Land", scheint dafür perfekt geeignet. Ruhe und Gleichmäßigkeit ist nur eine der Eigenschaften, die man dort seit Jahrhunderten pflegt und die in der schnelllebigen, heutigen Zeit dafür sorgen, dass man die Möglichkeit hat, Kraft zu tanken.

Dörte Hansen hat ein beachtenswert eindringliches Debüt geschrieben. Auch, wenn man in der Presse den Wunsch nach friedlichem Land, das es nach deren Meinung nicht wirklich gibt, etwas verhöhnt, ist es genau das, womit Dörte Hansen den richtigen Punkt trifft. Und das sicher nicht nur bei mir. Ich bin zwar nicht im "alten Land" aufgewachsen, aber eben schon auf dem Land und ja, es ist genau wie von der Autorin beschrieben. Etwas altmodisch, aber gleichmäßig. Zuverlässig. Und damit etwas, das für inneren Frieden sorgen kann. Dass uns ein Gefühl der Sicherheit gibt. Keineswegs lächerlich, sondern eher lehrreich.

Hannelore Hoger ist für mich die perfekte Sprecherin für das Hörbuch. Ihre Stimme ist ruhig, gleichmäßig. Harmoniert damit sehr gut mit der Atmosphäre des Romans. Hannelore Hoger hört sich so an, wie ich mir Vera Eckhoff vorstelle.

"Altes Land" ist ein wunderbarer Roman, der Ruhe und Geborgenheit vermittelt. Der wärmt und ein Gefühl von Heimkommen auslöst. In dem man sich nicht einsam, sondern gut aufgehoben fühlt. Gleichzeitig ist er die interessante Skizze des Landlebens und Menschen, die die Fluchtgedanken ihrer jeweiligen Generation zu verarbeiten haben. Interessant und großartig umgesetzt.

Hörbuchinfo:


Randomhouse Audio (Februar 2015)
4 CDs
Gekürzte Lesung
Gesamtspielzeit ca. 5 Std. 13 Minuten
19,99 €
Originalverlag: Knaus
Sprecherin: Hannelore Hoger
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Knaus auf Twitter

23.09.15

Der Sommer, an dem es zu schneien begann / Lucy Clarke



Eva hat das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren, als man ihr mitteilt, dass ihr Mann Jackson bei einem Angelunfall ums Leben gekommen ist. Obwohl sie noch nicht lange ein Paar gewesen waren, hatten sie vor kurzem geheiratet. Eva war sich so sicher, denn ihre Liebe war etwas ganz besonderes, fühlte sich unfassbar echt an.

"Sie ist wunderschön, sieht aber auch unglaublich traurig aus. Es ist, als hätte jemand ein Licht in ihr ausgeknipst."

Um die Erinnerungen an Jackson frisch zu halten und ein wenig mehr an seinem vergangenen Leben teilhaben zu können, reist sie nach Tasmanien, Jacksons Heimatland. Dort möchte sie seine Familie kennenlernen und etwas über Jacksons Kindheit, sein Leben dort und ihn selbst erfahren. Was dazu führen sollte, ihrem Herzen gut zu tun, sorgt nun dafür, dass es Stück für Stück zerbricht. Denn Jacksons Leben mit ihr war ein einziges Geflecht aus Lügen.

Autorin Lucy Clarke ist bei mir mit einem positiven Lesegefühl verankert. Ihr Debütroman "Die Landkarte der Liebe" konnte mich mit einer intensiven Geschichte begeistern. Nun hat sie einen Roman nachgelegt, der mich so sehr gefesselt hat, dass ich nur so hindurch geflogen bin.

Protagonistin Eva ist sehr sympathisch. Sie so sehr unter dem Verlust ihres Mannes leiden zu sehen, verursacht fühlbar Schmerzen. Konfrontiert damit, dass Jackson ihr gemeinsames Leben auf Lügen aufgebaut hat, löst so viel Mitgefühl aus, dass man sie am liebsten in den Arm nehmen möchte. Das hat sie eigentlich nicht nötig, denn sie ist eine wirklich starke Protagonistin, die wertvolle Unterstützung von ihrer besten Freundin Callie bekommt und unverhofft auch von ihrem Schwager Saul.

" 'Das Allerschlimmste ist - dass ich jetzt auch noch meine Vergangenheit verloren habe.' "

Lucy Clarkes Umgang mit dem Leser ist gekonnt und geschickt. Häppchenweise - verursacht durch wechselnde Erzählungen aus Evas Alltag und einer Art Briefform oder Gedanken Jacksons an Eva - wirft sie dem Leser Informationen zu Jackson und seinen Lügengeschichten vor. Geheimnisse mit denen niemand, weder seine Familie, noch ein Leser je gerechnet hätte.

Seite für Seite habe ich mich durch den Roman gefressen, um herauszufinden, was einen Mann dazu treibt, ein solches Lügengeflecht als eigene Realität, als Geschichte seines eigenen Lebens auszugeben. Und wie wird seine Frau, die ihn über alles geliebt hat, die sich sicher war, dass jeder kleinste Funken Gefühl eine große, ganz echte Liebe ist, damit um, wenn sie die Wahrheit erfährt? Obwohl es einen Erzählstrang gegeben hat, der für mich leicht vorauszusehen war, bin ich erfreut darüber wie sehr mich Lucy Clarke mit ihrem spannend durchdachten und doch sensiblen Roman, der vor der wundervollen Kulisse Tasmaniens und seinem farbenfrohen Meeresleben spielt, begeistern konnte.

Buchinfo:

Piper (April 2015)
400 Seiten
Klappenbroschur
14,99 €
Originaltitel: A Single Breath
Übersetzung: Claudia Franz
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Hier versandkostenfrei bestellen:



21.09.15

Wir Glücklichen / Amy Bloom



"Mein Vater war ein Becher der Etikette und der großen Ideen gewesen, Iris war eine Vase des Glamours und ich der kleine braune Krug der Sorge."

Die Mutter hat ihr versprochen, dass der Tod von Iris Mutter ein Glückstag für sie werden wird. Und irgendwie war es das für Eva auch, denn in ihrem ganzen Leben sollte sie nie mehr zu jemandem so sehr aufschauen, wie zu ihrer großen Schwester Iris, der schönen jungen Frau, die mit großer Sorgfalt und Energie versucht ihre Wünsche zu verwirklichen. Auch auf Kosten anderer.

Plötzlich statt mit einer Mutter, mit einem Vater zusammen zu leben, stellt für Eva keine große Herausforderung dar. Schnell hat sie sich an die neu gewonnene Selbstständigkeit gewöhnt. Ein Leben im Schatten der Schwester ohne eigene Ziele vor Augen, aber stärker, als alle anderen Familienmitglieder zusammen und schlau genug, ihren Posten innerhalb der Familie nicht aufzugeben, um so zumindest ihre emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen.

"Jemand hat mal gesagt: Gott hat uns ein Gedächtnis gegeben, damit wir auch im Winter Rosen haben können. Dieser Jemand hat nicht gesagt: damit wir im Juni Schneestürme haben können, und Lebensmittelvergiftungen, obwohl es nichts zu essen gibt."

"Wir Glücklichen" beginnt im Jahr 1939. Ich glaube, Iris und Eva fühlen sich nicht direkt vom Zweiten Weltkrieg betroffen, bzw. ordnen ihn nicht unter ihren Angelegenheiten ein, sind aber genauso betroffen von Gräueltaten, Hungersnot und Ängsten, wie fast alle Menschen in dieser Zeit. Iris macht sich den Krieg sogar zu Nutze, um ihren innigsten Wunsch zu erfüllen.

Auch Evas Leben spielt der Krieg einen Streich. Verschwindet darin nicht nur der Mann, der sich stets als scheinbar einziger Mensch für sie als Person und nicht für ihre Fähigkeiten Arbeitsaufträge ohne Murren anzunehmen und alles zu tun, um zu gefallen, sondern auch jegliche Form seiner Kontaktaufnahme zu ihr. Wäre es anders gewesen, hätte ihr Leben vielleicht einen anderen Weg eingeschlagen. Aber wer weiß, ob es besser geworden wäre? Kein Mensch ist so zufrieden wir Eva.

"Das waren meine Leute: die Verlassenen, die Ungeliebten, die unfassbar Glücklosen."

Amy Bloom hat zwei sehr faszinierende weibliche Charaktere erschaffen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die Schwestern Iris und Eva gehen eine Art Symbiose ein. Befriedigung der innersten Wünsche, evtl. hervorgerufen durch die Form des aufwachsens und den Bezug zum Vater, der ein windiger Hund zu sein scheint und doch in seiner Art eine gewisse Grundsicherung an Zuverlässigkeit und Versorgung bietet. Und dann gibt es da noch Freundschaften, die außergewöhnlich, aber intensiv sind. Freundschaften, die sicher kein anderes Mädchen in Evas Alter führt und die nicht nur sie, sondern auch den Leser glücklich machen.

"Frauen waren Dummköpfe. Männer waren vom Glück begünstigte Dummköpfe."

"Wir Glücklichen" ist in sich sehr stimmig. Charaktere wie Atmosphäre, Grundstimmung und Gedankengänge sind akribisch aufeinander abgestimmt und sorgen damit für einen gewissen Zauber beim Leser. Obwohl es im Roman weiß Gott nicht immer glücklich zugeht und so mancher Schicksalsschlag mit strenger Härte niederschlägt, ist es ein Buch, in dem der Leser sich wohlfühlt. Ich kann die Geschichte der ungleichen Schwestern, ihren noch ungleicheren Freunden, die Geschichte von Liebe, Tragik, Hoffnung und Mut nur weiter empfehlen.

Buchinfo:


336 Seiten
Gebunden mit Schutzumschlag
22,00 €
Originaltitel: Lucky Us
Übersetzung: Kathrin Razum
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Hier versandkostenfrei bestellen:




18.09.15

[Fazit] Lovelybooks Lesesommer



Vom 06.07.2015 - 13.09.2015 fand erneut ein Lovelybooks Lesesommer statt.
Im Forum für Buchliebhaber wurden während dieser Zeit Aufgaben gestellt, für deren Erfüllung es Punkte zu erreichen gab. Die Aufgaben waren bunt gemischt und zum Teil auch von denjenigen zu erfüllen, die nicht so arg viel Zeit zum Lesen hatten. Am meisten Punkte gab es natürlich für auf Lovelybooks veröffentlichte Rezensionen, Lesemeinungen und die Aktualisierung des Lesestatus.

Auf meiner To-Read-Liste standen 44 Bücher. In diesem Zeitraum habe ich insgesamt 27 Bücher gelesen / gehört und rezensiert. Ein doch ganz guter Schnitt. wie ich finde.
An die Liste habe ich mich nicht ganz gehalten, denn dann sind doch immer mal wieder Rezensionsexemplare dazwischen gekommen, die zuerst gelesen werden wollten.
Von der Liste weggelesen habe ich die Bücher "Ewig und Eins" / A. Popescu, "Der Rithmatist" / B. Sanderson, "Das Apfelkuchenwunder oder Die Logik des Verschwindens" / S. Moore Fitzgerald, "Wild Cards 02" / Hrsg. G.R.R. Martin, "Auf eine wie dich habe ich lange gewartet" / P. Spychalski, "Ein Sommer und vier Tage" / A. Popescu, "Die Tochter des Drachenbaums" / S. Aernecke, "Pakete an Frau Blech" / R. Bauerdick und "Ein Lied für Jemmie" / A. Fogelin.

Von den geforderten Aufgaben habe ich leider nicht so viele erfüllt, wie es mir möglich gewesen wäre, was mich im Nachhinein echt ärgert. Verantwortlich dafür ist meine Schusseligkeit und das wiederholte aufschieben von Erledigungen. Und dann hatte ich irgendwie im Kopf, dass der 13. der Montag sei und ich dann noch ein paar Sachen posten könne ... war nicht so. Besonders gern hätte ich mein Lieblingssommerrezept gepostet, denn wir hatten diesen Sommer sehr häufig einen wirklich leckeren und fruchtig-frischen Joghurt-Gries Kuchen mit frischen Sommerbeeren. Sehr lecker.



Die Teilnehmer des Lesesommers waren sehr fleißig. Anfangs haben sich einige beschwert, dass sie ja gar nicht so viel lesen können. Dies scheint aber doch nicht unbedingt der Fall gewesen zu sein, denn viele Teilnehmer haben eine große Anzahl an Büchern gelesen und rezensiert. Die Ergebnisse sind noch nicht ausgewertet - immerhin sind über 2000 Beiträge zusammengekommen - und so weiß ich noch nicht, wo ich stehe. Ich rechne mir aber aufgrund meiner vorher angesprochenen Nicht-Teilnahme an einigen Aufgaben keine Chancen auf einen Preis aus (ein Bücherpaket wäre schon nett gewesen ;) ;) ). Aber darum geht es ja auch gar nicht. Wichtig ist die Freude am Lesen und der nette Austausch untereinander. Bücher zu entdecken, nette Menschen kennenzulernen und mit Freude über eins der liebsten Hobbys plaudern. Dafür sorgen die Lovelybooks Aktionen, bei denen sich das Team sehr, sehr viel Mühe gibt, immer und so wird es auch nicht die letzte gewesen sein, an der ich teilnehme.

16.09.15

Auerhaus / Bov Bjerg



Frieder hat einen Suizidversuch hinter sich. Tabletten. Misslungen, aber weder aus Frieders Kopf verdrängt, noch aus denen seiner Freunde und seines Umfelds. Nach seinem Aufenthalt im "Schwarzen Holz" darf er wegen der Angst, die nun alle um ihn haben, in ein eigenes Haus ziehen. Das Auerhaus. Eine WG gründen mit seinen Freunden oder was immer die anderen fünf für ihn sind. Aber hilft das Frieder wirklich wieder einen Sinn in seinem Leben zu finden? Und hat man mit 18, kurz vor dem Abi / mitten in der Ausbildung / der Findungsphase des Lebens überhaupt eine Ahnung vom Sinn des Lebens und wo man ihn suchen muss?

"Sie wurde nicht mal achtzehn. Nicht achtzehn zu werden, war scheiße. Wenn man nicht achtzehn wurde, war alles umsonst."

Erzählt wird der Roman aus der Ich-Perspektive. Der Jugendliche, der die Erzählung übernimmt, wird nicht mit Namen genannt, scheint aber ein wirklicher Freund Frieders zu sein. Einer, den Frieders Schicksal wirklich berührt, der sich Sorgen macht und so auch sein eigenes Leben in Frage stellt. Bei den anderen vieren ist das nicht so sicher. Cäcilia möchte schon etwas erreichen. Erfolgreich sein und das Ansehen ihres Umfeldes genießen.

"Frieder sprach jetzt immer von Freitod. Ich hatte nicht das Gefühl, dass Frieder besonders frei war, als er die Tabletten geschluckt hatte. Wenn alles auf die eine Entscheidung rauslief, wo war da die Freiheit?"

Die anderen befinden sich sehr auf der Sinnsuche, die dieser Generation häufig zu eigen ist. Egal, in welchem Jahrzehnt wir uns befinden - auch das deutet der Autor nur an (wer sich mit Musik auskennt, errät es schnell). Das Gefühl, mit dem Frieder und die Bewohner des Auerhauses zu kämpfen haben, ist auf eben diese Generation in fast jedem Jahrzehnt transportabel. Dieses herum schwimmen zwischen Jugendlich sein, von Eltern oder Erwachsenen behütet, und selbst Erwachsen werden, Verantwortung für sich selbst übernehmen. Nicht wissen, wo man ist. Nicht wissen, wo es hingehen soll. Keinen Plan davon, was man will, aber genau wissen, was man nicht will. Spießig sein. Das Leben der Eltern nachleben. Zu dem Einheitsbrei werden, den man täglich vorgelebt bekommt. "Birth - School - Work - Death."

Es ist die Zeit des Ausprobierens. Die Zeit in der man auch mal vom rechten Weg abkommt. Alles Mögliche erprobt. Freundschaften, Liebe, Sex, Drugs, Rock'n'Roll. Weniger auf die coole, als vielmehr auf die melancholische Weise, denn eigentlich ist es ernst. Findet man nicht den Weg, der zu einem passt, ist man möglicherweise den Rest seines Lebens unglücklich. Ein hoher Berg, den es zu überwinden gilt. Für manche zu hoch.

"Frieder sagte: 'Ich wollte mich nicht umbringen. Ich wollte bloß nicht mehr leben. Ich glaube, das ist ein Unterschied.' "

Bov Bjergs "Auerhaus" ist das interessante Porträt einer Generation. Von Robert Stadlober wird der Roman mit einem Song verglichen. Ein Vergleich, den ich ganz passend finde, denn der Wiedererkennungswert, das aufkommen lassen einer längst vergessenen Stimmung, diese Eigenschaften eines Songs, hat auch "Auerhaus". Und damit eröffnet es auch die Möglichkeit von verschiedenen Lesern verschieden gelesen, verschieden empfunden zu werden. Und damit eröffnet es mir die Möglichkeit zu sagen: gute Leistung, Herr Bjerg!

Buchinfo:


Blumenbar (im Aufbau Verlag 2015)
240 Seiten
Gebunden mit klappbarem Vorsatz
18,00 €
Blumenbar auf Facebook
Blumenbar auf Instagram 
Aufbau auf Twitter
Auerhaus Homepage (inklusive Playlist!!! Yeah!!)

hier versandkostenfrei bestellen:




Lesungstermine Bov Bjerg:





14.09.15

Für alle Tage, die noch kommen / Teresa Driscoll



Melissa ist 25 Jahre alt, ihr Leben läuft in mehr oder minder geordneten Bahnen. Eine renommierte Boulevardzeitschrift hat ihr ein Jobangebot gemacht, ihr Freund Sam einen Heiratsantrag. Für beides hat sie zunächst einmal Bedenkzeit erbeten. Als sie ein Kind war, ist ihre Mutter verstorben. Ein Ereignis, das dafür gesorgt hat, dass Melissa Leben und Glück, Zukunft und Perspektiven skeptisch gegenüber steht.

Ihre Mutter hat ihr zum Abschied ein Buch geschrieben und das sie jetzt in ihrem 25. Lebensjahr ausgehändigt bekommt. Ein Buch, in dem sie alte Familienrezepte auflistet, in das sie Fotos eingeklebt hat und mit dem sie sich, ihr Leben und den Abschied von ihrer Familie erklärt. Eine Liebeserklärung der besonderen Art.

Schon während ich für euch die inhaltliche Zusammenfassung von "Für alle Tage, die noch kommen" schreibe, bekomme ich wieder Gänsehaut und einen kleinen Kloß im Hals, so schön, so berührend und so voller echter Gefühle ist der Debütroman der sympathischen Autorin Teresa Driscoll.

Im Vordergrund der Geschichte steht die Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die zumeist einen ganz besonderen Stellenwert hat und selbst dann nicht ersetzt werden kann, wenn der Vater so großartig ist wie Max. Melissa hat seit Jahren damit zu kämpfen, dass sie ihre Mutter so früh verloren hat. Man merkt es ihr nicht an, denn sie hat einen guten Schutzwall um sich gezogen, doch innerlich brodelt es in ihr. Das von ihrer Mutter extra für sie geschriebene Buch holt viel Vergessenes wieder ans Tageslicht und bringt sie dazu den schrecklichen Verlust endlich aufzuarbeiten.

Dass Teresa Driscoll als Verbindungsstück der beiden Frauen Rezepte gewählt hat, finde ich eine hervorragende Idee. Viele von uns kennen sicher diese Momente in denen uns ein Geruch, ein besonderer Geschmack an etwas erinnert. Und ganz bestimmt kennt jeder diese Gerichte, die nur dann richtig schmecken, wenn Mutter oder Großmutter sie zubereiten. Etwas Vertrautes wird in uns geweckt. Oftmals ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit, ein Gefühl von Sicherheit und Schutz. Ein Gefühl, das Melissa empfindet, als sie die Rezepte liest und später nachkocht, und das so wundervoll auf den Leser transportiert wird, dass auch er im Roman, in den Briefen von Eleanor ganz viel Wärme spürt.

"Für alle Tage, die noch kommen" ist ein Roman der authentisch und gefühlvoll von Geborgenheit,  Nähe und Verlust erzählt. Von einer Mutter, die für ihr Kind gekämpft, aber diesen Kampf verloren hat. Einer Tochter, die ihre Mutter zu früh verloren hat und nun auf eine besondere Art und Weise deren elterliche Liebe geschenkt bekommt. Ob die Optik des Buches ein wenig kitschig ist, darüber kann man streiten. Der Inhalt ist es definitiv nicht. Teresa Driscolls Debüt hat innen drin ganz viel zu bieten. Ganz viel Liebe und Herz.

Buchinfo:


Knaur (September 2015)
368 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
16,99 €
Originaltitel: Recipes for Melissa
Übersetzung: Carola Fischer
Autorenhomepage Teresa Driscoll
Teresa Driscoll auf Twitter
Verlagsgruppe Droemer Knaur auf Facebook
Verlagsgruppe Droemer Knaur auf Twitter

Hier versandkostenfrei bestellen:



13.09.15

[Reiseproviant] #31

Ihr Lieben,


Lesereise:


In dieser Woche habe ich vier Bücher gelesen, eins begonnen. Rezensiert habe ich erst mal nur drei davon, denn Freitag und Samstag war wieder so viel zu tun. Und wenn ich so viel (Freizeit-)stress habe, kann ich mich nur ganz schlecht dazu aufraffen den Laptop anzuschalten.
Dabei schwirrt gerade einiges in meinem Kopf herum, das auf Papier bzw. den Bildschirm gebracht werden könnte / müsste. Eine Idee für einen neuen Header, eine neue Idee für eine Rubrik, die ich schon ganz lange auf meinem Blog haben möchte und schöne Worte zu T. Driscolls herzlichem Roman "Für alle Tage, die noch kommen" (der unrezensierte der gelesenen Romane, den ich aber hier schon mal ans Herz legen möchte).

Die Woche hat mit einem Buch begonnen, mit dem ich leider nicht so warm wurde. "Das Streichelinstitut" von C. Berger ist ausgefallen und philosophisch. Ein sehr kluges Buch. Dass ich nicht so richtig reingefunden habe, trifft mich ein wenig, aber ändern kann ich es leider nicht.
Danach griff ich zu "Schöne Seelen" einer köstlichen Satire über eine Gesellschaft zu der ein Titel wie "Leere Seelen" oder "Schöne Optik, hässliches Innenleben" auch sehr gut gepasst hätte.
Regelrecht verschlungen habe ich den zweiten Teil der Fantasyserie "Wild Cards". Der Kampf der Superhelden, die nun von der Regierung eingesetzt werden, um in der Welt zu hoffen, geht in eine spannende Runde.

Blogrundreise:


Auf Wonderworld of Books findet ihr Hannahs Rückblick auf den Monat August. Sie schreibt immer so schön. 

Hier habt ihr neulich einen Ausblick auf den Leseherbst bekommen. Krimis und Thriller wurden dabei ausgespart, weil ich dafür zu zartbesaitet bin es zu umfangreich geworden wäre. Wie spannungsreich der Herbst wird, könnt ihr aber sehr schön zusammengefasst auf Die Liebe zu den Büchern nachlesen.

Meine liebe Lesemomente hat "Der Rithmatist" von Brandon Sanderson rezensiert. Ob es ihr auch so gut gefallen hat wie mir, könnt ihr auf ihrem Blog nachlesen.

Auch Primeballerina's Books hat ein Buch rezensiert, das ich gelesen (und für sehr gut befunden) habe. "Nachts" von M. Lauenstein.

Und last but not least möchte ich der lieben Bibliophilin zu ihrem 6. Bloggeburtstag gratulieren. Alles Liebe von hier. Auf weitere lesereiche Bloggerjahre!

Lebensreise:


Gefreut: Letztes Wochenende ist der Reiseproviant ja ausgefallen, weil ich auf dem Warendorfer Bundeschampionat war.
Dort habe ich so viele wundervolle Pferde und talentierte Reiter gesehen. Es war traumhaft.
Hier eine kleine Auswahl der Champions.

Gekocht: Wenn nix im Haus ist oder ich nicht weiß, was ich kochen soll, dann gibt's bei uns immer Nudelpfanne :D
Immer gern mit Garnelen und Gemüse.

Gebacken: Klitzekleine Laugenleckereien.

Genossen: Lesezeit in der Herbstsonne.


Ich wünsche euch eine wundervolle neue Woche!

09.09.15

Wild Cards 02: Der Sieg der Verlierer / Hrsg. George R.R.R. Martin


Dies ist der zweite Teil der "Wild Cards"-Reihe und enthält Spoiler zu Teil eins "Das Spiel der Spiele".

Herausgegeben wird die Serie vom legendären Fantasyautor George R. R. Martin. Schriftstellerisch trägt er jedoch nichts dazu bei. Dies übernehmen viele andere sehr talentierte Autoren. In "Der Sieg der Verlierer" sind das S. L. Farrell, Victor Milán, John Jos. Miller, Kevin Andrew Murphy, Walton Simmons, Melinda M. Snodgrass, Caroline Spector, Ian Tregillis und Carrie Vaughn.

"Der Sieg der Verlierer" hat mir noch besser gefallen, als der Einstiegsband der Reihe. Ich war so sehr gefesselt von der Handlung, die nun deutlich an Tempo zugelegt hat, dass ich das über 500 Seiten starke Buch innerhalb von zwei Tagen verschlungen habe. Nicht nur Action und Spannung der Handlung nehmen zu, insgesamt wird das Buch intensiver. Geht tiefer in politische Machenschaften hinein, interessiert sich mehr für Zwischenmenschliches und stellt sich der - auf dem Klappentext dick gedruckten - Frage: "Wie weit darf ein Held im Namen der Gerechtigkeit gehen?"

" '[...] Da spiele ich nicht mehr mit. Ich kämpfe nicht für Öl, ich kämpfe nicht für Geld und auch nicht für politische Macht. Und ganz sicher töte ich für all das keine Kinder mehr. Ich steige aus."

Die Helden der ersten Americas Superhero Staffel können nun beweisen, dass sie nicht nur TV-, sondern auch alltagstauglich sind. Unter John Fortune, in dessen Kopf nach wie vor der Geist Sachmets in Form eines Skarabäus steckt, hat sich eine UNO Elite Truppe, genannt das Komitee, gebildet. Sie werden eingesetzt, um Menschen in Krisensituationen zu unterstützen. Das können Naturgewalten sein, aber auch Kriegsspielereien reicher Machtinhaber, unter denen letztendlich doch die Bevölkerung zu leiden hat. Plötzlich stehen die Helden nicht nur künstlich herbeigerufenen Gegnern und Gewalten gegenüber, sondern müssen entscheiden welcher Weg zum Ziel der Richtige ist. Bei der Frage, wer bereit ist dafür welche Opfer zu bringen, ist es DB, der mit seinen Ansichten zum Einsatz der Superhelden überrascht.

Sehr schnell konnte ich mich wieder im Gefüge der Superhelden zurecht finden. Auch, wenn ich mir anfangs gewünscht hätte andere Figuren näher zu verfolgen, als die von den Autoren gewählten, konnte ich mich dem fesselnden Inhalt einfach nicht entziehen. Im Laufe des Romans haben zwei Figuren ganz besonders meine Aufmerksamkeit geweckt. Zum einen Lillith / Noel / Bahir, ein Hermaphrodit, für den (oder die?) ich im ersten Teil vor allem Abneigung empfand. Dies war auch jetzt erstmal so, doch dann machte er (oder sie?) eine spannende Entwicklung durch, die stark herausarbeitete, wieviel Potential tatsächlich in dieser Figur steckt. Zum anderen ist es Nihobe, eine Neue, ein Wesen, das abschreckt und fasziniert zugleich und mit ihrer Güte und Herzenswärme immer wieder den Blick darauf lenkt, dass die Superhelden mit Verstand und vor allem Gewissen handeln sollten. Dass sie ihre Aufträge genau prüfen sollten, um tatsächlich zum Wohle der Menschen zu handeln und nicht nur im Sinne ihrer Auftraggeber. Dazu kommt ein Junge, der gefährlicher ist, als viele der erwachsenen Figuren im Roman und damit eine ausgesprochen spannende Maschinerie an politischen Handlungen, ethischen Denkweisen und Mitgefühl in Bewegung setzt.

Zum Ende des Romans geben die Autoren nochmal alles. Ich habe auf keiner der 576 Seiten Langeweile verspürt, aber im letzten Drittel haben sie noch mal gezeigt, welch starkes Team sie sind und mich so sehr in Bann gezogen, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. "Wild Cards" ist Spannung, ist grandiose Unterhaltung, sorgt für nachdenkliche Sequenzen und hält immer wieder den Finger in den Wind sehr realer politischer Handlungsstrukturen.

Buchinfo:


Penhaligon (Juni 2015)
576 Seiten
Paperback Klappenbroschur
15,00 €
Originaltitel: "Wild Cards 2. Busted Flash"
Übersetzung: Simon Weinert
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Schöne Seelen / Philipp Tingler



"Schöne Seelen" so lautet der Titel des neusten Romans des in der Schweiz lebenden Autors Philipp Tingler. Mit der Wahl dieser Alliteration stehen Bezeichnung des Buches und dessen Inhalt in ganz argem Gegensatz. An Tinglers Protagonisten ist sicher vieles, wenn nicht fast alles schön - das meiste davon mithilfe chirurgischer Eingriffe oder dem feinen Händchen von Stylisten, Inneneinrichtern, Gestaltern usw. - bis auf deren Inneres. "Keine schöne Seelen" oder "Leere Seelen" würde schon im Titel den Inhalt auf den Punkt bringen. Doch so springt dem Leser Tinglers bissige Ironie direkt vom Cover entgegen. Hervorragend.

" '[...] Ich muss dich nicht daran erinnern, Viktor, dass wir in einem Milieu leben, das physisch und moralisch überaus flexibel ist und dessen willkürlich zusammengestapelte Umgangsformen jedes Gefühl von Artigkeit, Bescheidenheit und Erziehung beständig beleidigen. [...]' "

Zum zweiten Mal ist Schriftsteller Oscar Canow einer der Hauptcharaktere im Roman. Vermutlich ist er auch eine der wenigen Figuren ist, die tatsächlich einen Charakter besitzen. Zumindest soweit er dazu in der Lage ist angesichts seiner schweren Kindheit, unangenehmen Jugend und weiteren Ereignissen in seinem Leben, die man in der Gesellschaft, in der er sich nun bewegt besser verdrängt. Aufgrund seiner (Charakter) Eigenschaft Neugier und der sich zur Zeit aufdrängenden Langeweile, geht er einen Deal mit seinem besten Freund Viktor ein, der über Schwierigkeiten mit Luxusweibchen Mildred klagt, die Ehe zu ihr aber auf gar keinen Fall aufgeben möchte. Guter Rat ist teuer - im wahrsten Sinne des Wortes - und so soll zur Lösung der Probleme eine Therapie bei einem renommierten Psychiater angestrebt werden. Viktor, der jedoch keine Lust auf diese Therapie hat und nur seiner Frau zuliebe überhaupt den Gedanken daran trägt, möchte seine freie Zeit lieber ins Theaterspiel investieren. Oscar springt für ihn ein und nimmt an den Sitzungen bei Doktor Hockstätter teil. Ebenfalls ein bisschen Theater, möglicherweise eine Schmierenkomödie. Aber kann man einem Psychiater überhaupt etwas vorgaukeln? Und ist Oscar in der Lage so sehr in die von Viktor vorgegebene Rolle zu schlüpfen ohne seine eigene mit einzubringen?

"Er sah Oskar starr in die Augen, als er deklamierte: 'Abgewandten Geistes vertut man seine Zeit, in ihrer Welt, Herr Canow, einer Welt, deren Bewohner sich langweilen und deren Gemüter deshalb erregt und gereizt sind, verdämmernd zwischen Gefallsucht und Geziertheit, verwüstet und erschöpft durch künstliche Aufregung, zu allen Affären und Abenteuern gelaunt, auch wenn sie zuletzt vor Gericht ausgetragen werden müssen! Oder im Alkohol enden. [...]' "

Tinglers Schreibe konnte mich vom ersten Satz an überzeugen, der Inhalt nicht direkt von Anfang an, danach aber umso mehr. Fast 50 Seiten lang bekommen wir einen Einblick in die Gesellschaft, in der Oscar und Viktor sich bewegen. Oberflächliche Menschen, denen nichts wichtig zu sein scheint, außer sehen und gesehen zu werden und dabei eine Rolle zu spielen, mit der sie nach außen hin glänzen ohne auch nur kleinste Details aus dem Inneren preis zu geben. Eine Gesellschaft in der es keinen Individualismus mehr gibt und in der einzelne Personen vergessen haben, was in ihnen drin steckt. Menschen, denen lediglich die künstlich erzeugte Anerkennung wichtig ist. Menschen, die auf mich wirken, als wären nicht nur einzelne Körperteile mit Botox und Silikon verändert, sondern eine ganze menschliche Hülle damit gefüllt worden. 

"Vor der Kausalität sind wir alle gleich. Wir wollen aber nicht gleich sein. Nichts ist uns verhasster, als eingereiht zu werden. Auch die landesüblichen Neurosen sind viel schematisierter, als ihre Besitzer glauben."


Dargestellt werden sie in bester Ironie. Klug und sehr bissig geschrieben. Ein Erzählton, wie er den Lesern leider zu wenig begegnet. Nicht selten musste ich lachen aufgrund der dort dargestellten Dummheit und Oberflächlichkeit, auf die sich Protagonisten wie aus dem wahren Leben gegriffen, einbilden zum besseren Teil der Gesellschaft zu gehören. Wie austauschbar sie sind, wie wertlos sie sich machen aufgrund der Vereinfachung ihrer eigenen Person, der Angleichung an viele andere, wird ihnen nicht, dem Leser aber immer mehr bewusst. Ist ein Leben, in dem alles und jeder schön ist, gleich ein schönes Leben? Was macht Charakter aus? Wer hat einen (Gewndolyne Rosenstock nicht! Alwine Smid auch nicht!)? Mit diesen und vielen weiteren psychologischen wie philosophischen Fragen (hello Freud!) konfrontiert Tingler seine Leser und bringt damit deren Gedankenfluss so sehr in die Gänge, dass man fürs Lesen Zeit und Ruhe mitbringen muss, um alles genaustens betrachten zu können. Zeit, die ich für diese großartige Schreibe, die psychologischen Betrachtungsweisen und eine Gesellschaft, zu der ich in der Realität keinerlei Kontakt suche, die mich in diesem Falle aber köstlich amüsiert, gerne investiere.

Buchinfo:


Kein & Aber (2015)
336 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
22,00 €
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07.09.15

Das Streichelinstitut - Clemens Berger



Wenn man gewisse Erwartungen an einen Roman stellt, hat dieser häufig nicht die Möglichkeit diese zu erfüllen. So erging es leider auch dem Buch "Das Streichelinstitut", in dem Protagonist Sebastian, ewiger Student, besagtes Streichelinstitut eröffnet. 

Auf die Idee, diesen beruflichen Schritt zu gehen, ist seine Freundin Anna gekommen, die begeistert von Sebastians Streicheleinheiten, nicht nur seine Fähigkeiten, sondern auch das Bedürfnis vieler Menschen nach Nähe und Zärtlichkeit, erkennt. Klingt kurzzeitig nach einem Erotiroman, ist es aber nicht. Sebastians Absichten sind rein hilfsbereiter Natur und erfolgen nach festgesetzten Regeln, die nur Tätigkeiten oberhalb der Gürtellinie einschließen.

Das Interessante am Buch sind die Personen, die aus den verschiedensten Gründen die Dienstleistung des Streichelinstituts nutzen und sich mit Hilfe von Sebastians magischen Händen ihre Probleme wegstreicheln lassen. Probleme, die sich sehr im psychologischen Bereich einbetten lassen und  gewisse Grundkenntnisse in der Psychologie, aber vor allem auch der Philosophie voraussetzen.

Was ich erwartet hatte: einen Wohlfühlroman, der sanft streichelnd für locker wärmende Lesestunden sorgt. Was "Das Streichelinstitut" tatsächlich ist: ein gesellschaftskritischer Roman mit deutlich spürbaren philosophischen Zügen. Dadurch, dass ich mit anderen Erwartungen an das Buch rangegangen bin, hat es lange gedauert, bis ich überhaupt in die Geschichte reingekommen bin. Das erwünschte Lesewohlbefinden hat sich leider gar nicht eingestellt. "Das Streichelinstitut" ist ein kluger und witziger Roman, der leider weder zu meiner Lesestimmung, noch zu mir gepasst hat.

Buchinfo:


btb (Februar 2015)
368 Seiten
Taschenbuch
10,99 €
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06.09.15

[Reiseproviant] #30

Hallo ihr Lieben,

der heutige Reiseproviant Beitrag entfällt, da ich heute meinen jährlichen Ausflug zum Bundeschampionat in Warendorf mache.

Ich lade euch hiermit herzlich dazu ein in den Beiträgen der vergangenen Tage zu stöbern.
Ich möchte euch ganz besonders das [Buchgeflüster]² ans Herz legen, da es sehr aufwendig war und Tine und ich ganz viel Arbeit und Herzblut reingesteckt haben. 
Über Kommentare freue ich mich natürlich ganz besonders.

Habt alle einen entspannten Sonntag und kommt gut in die neue Woche.


05.09.15

Der Rithmatist / Brandon Sanderson



Die Rithmatik ist die Fähigkeit Kreidezeichnungen mit Hilfe von mathematischen Berechnungen und Magie so zu gestalten und zum Leben zu erwecken, dass sie in den Kampf gegen Menschen oder andere rithmatische Zeichnungen ziehen können. Der Rithmatist ist derjenige, der diese Zeichnungen erstellt, kontrolliert und für den Kampf rüstet.

Joel lebt ist Schüler des Armedius Internats. Seinen Platz dort hat er durch ein Stipendium bekommen, das man ihm nach dem Tod seines Vaters, einem geschätzten Kreidehersteller, überschrieben hat. In der Rithmatik darf er nicht unterrichtet werden, da er bei der Ausbildung vorangehenden Weihe, nicht dazu erwählt wurde. Zu seiner Freude darf er seinen Sommer als Forschungsassistent des geschätzten Rithmatik Professors Fitch verbringen, von dem er sich einige Lehrstunden in Theorie und Praxis der Rithmatik erhofft. Zu seinem Leidwesen ist auch Melody, eine der reichen Schülerinnen des Internats dabei, da sie unbedingt Nachhilfe in der Rithmatik benötigt. Als ein Entführer sein Unwesen treibt und wilde Kreidlinge auf dem Internatsgelände auftauchen, finden sich Joel und Melody schnell zwischen den Ermittlungen wieder. Wer ist der Unbekannte, der eine Abneigung gegen Rithmatisten hegt? Und wie gelingt es Joel doch noch seinen großen Traum zu erfüllen?

Kann es sein, dass Sanderson wirklich so banal ist und eine Internatsgeschichte auf den Jugendfantasymarkt schmeißt? Scheint so und doch ist es ganz anders, denn es ist ihm tatsächlich gelungen mit seiner Idee der Rithmatik etwas gänzlich neues zu erschaffen. Zumindest habe ich zuvor noch nichts vergleichbares gelesen. Nicht nur thematisch kann sich Sanderson problemlos mit anderen Fantasy-Internatgeschichten messen, auch seine Figuren sind so sympathisch, dass der Leser sie auf Anhieb mag. Nicht nur die Protagonisten Joel, Melody und Prof. Fitch bestechen durch charismatische Eigenheiten, sondern auch die Nebenfiguren leben durch viel Charme, Witz und auch Antipathien. Es entsteht eine Atmosphäre, in der man sich augenblicklich wohlfühlt und von der man sich wünscht sie noch über viele Bände hinweg, einsaugen zu dürfen.

Meine Begeisterung hat sich Sanderson mal wieder mit seinen schriftstellerischen Fähigkeiten erwirkt. Wie kann es sein, dass ein Autor bereits so viele Bücher geschrieben hat und doch immer wieder so unterschiedliche Geschichten erzählen kann? Beginnend beim Thema über Figuren bis hin zur Atmosphäre ist er in der Lage von ruhig, sanft, tiefgründig bis hin zu mega spannend und actiongeladen alles zu erschaffen. Und das scheinbar mühelos, aber eben mit viel Herzblut.

Obwohl "Der Rithmatist" nicht durchweg extrem actionreich ist, bewirkt er mit dem Wohlfühlfaktor und dem Interesse, dass die Geschichte beim Leser auslöst, dass man das Buch geradezu inhaliert. Ehe man sich versieht ist man schon im letzten Drittel angekommen, in dem die Spannung nochmal ordentlich in die Höhe schießt. Und das ist auch schon das Ende da. Traurig, dass es schon vorbei ist und mit einigen Appetithäppchen zur Fortsetzung muss der Leser sich gedulden bis der nächste Teil erscheint. Was hoffentlich schon sehr bald ist ("The Atzlanian" / voraussichtlicher ET für die Originalausgabe: 2016).

Buchinfo:


Heyne fliegt (Juli 2015)
432 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
14,99 €
Ab 12 Jahre
Originaltitel: The Rithmatist
Übersetzung: Jürgen Langowski

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04.09.15

[Buchgeflüster]² Trends im Herbstprogramm der Verlage




Die Herbstprogramme der Verlage sind voll mit tollen Büchern und spannenden Neuerscheinungen. Tine und ich haben uns intensiv mit den einzelnen Programmen beschäftigt und versucht herauszufinden, ob sich einzelne Trends abzeichnen. Gibt es verschiedene Themen, die von vielen Verlagen aufgegriffen werden? Das Ergebnis unserer Recherche (natürlich schon durch unsere Interessen und die etwas gesteuerte Wahrnehmung geprägt) findet ihr in diesem Buchgeflüster.

Trends im Herbstprogramm der Verlage


Im Bereich der Jugendbücher lassen sich einige Trends und Überschneidungen festmachen, die sich teilweise schon in den letzten Monaten leicht angedeutet haben.

Zum einen wird in vielen Büchern aus den Herbstprogrammen das Thema Homosexualität aufgegriffen, so zum Beispiel in Two Boys Kissing von David Levithan (Sept. / KJB), in dem es darum geht, dass zwei Jungen versuchen, den Weltrekord im Küssen aufzustellen. In Wir sind unsichtbar von Maike Stein (Nov. / dtv) geht es um die Liebe zwischen zwei Mädchen und darum, ob man zu dieser Liebe stehen kann und möchte. Wenn der Mond am Himmel steht, denke ich an dich von Deborah Ellis (Okt. / cbj)  handelt von Homosexualität im Iran – sicherlich ein besonders sensibles Thema. Diesen Trend finde ich gut und wichtig. Es braucht mehr homosexuelle Charaktere in Büchern; vor allem aber auch homosexuelle Protagonisten in Geschichten, in denen die sexuelle Orientierung keine Rolle spielt.
Auch in (W)ehrlos. Irgendwann finden sie dich von Susanne Clay (Aug. / Arena) geht es um eine verbotene (aber heterosexuelle) Liebe und dazu noch um die Familienehre.

Zum anderen sind psychische Erkrankungen gerade in vielen Jugendbüchern Thema. Mir scheint es, als würden diese besonders häufig mit einer Liebesgeschichte gepaart werden. In Schau mir in die Augen, Audrey von Sophie Kinsella (Juli / cbj) hat die Protagonistin eine Angststörung, Die Hauptperson in Die Welt ist kein Ozean von Alexa Henning Lange (Juli / cbt)  macht ein Praktikum in einer Psychiatrie und ist sehr schnell fasziniert von einem der Patienten dort, der seit einem traumatischen Erlebnis nicht mehr spricht. Und in Rot wie das Vergessen von Sasha Dawn (Aug. / dtv) geht es darum, dass ein junges Mädchen vermeintlich ihren Vater umgebracht hat. Doch sie kann sich an nichts mehr erinnern und leidet seitdem an einem Schreibzwang, denn sie hofft, dass durch das Schreiben ihre Erinnerungen wiederkommen.

Des Weiteren gibt es immer noch viele Dystopien (z.B. Das Juwel. Die Gabe von Amy Ewing (Aug. / FJB) oder Young World. Die Clans von New York von Chris Weitz (Sept. / dtv)) und Bücher, in denen es um das Erwachsenwerden und die eigene Identität geht (beispielsweise in Ich habe mich nie so leicht gefühlt von Linda Mullaly Hunt (Sept. / cbt) oder Rabensommer von Elisabeth Steinkellner(Aug. / Beltz)). Das sind grundsätzlich aber ja altbekannte Trends oder immer währende Themen in der Jugendliteratur.

Ähnliche Trends im Bereich der Fantasy herauszufinden, war nahezu unmöglich: Zwei Dinge, die uns beim Durchblättern der Vorschauen besonders aufgefallen sind, sind die Folgenden: Fantasy ist – neben den Krimis und Thrillern – vermutlich das Genre der Reihen: Selten gibt es mal einen Einzelband. Viele der Neuerscheinungen bilden den Auftakt zu einer neuen Reihe oder stellen einen Fortsetzungsband da. Außerdem laufen noch immer viele Bücher von der Plot-Struktur her gleich ab: Eine kleine Truppe von ganz unterschiedlichen Charakteren kämpft gegen das scheinbar übermächtige Böse; so zum Beispiel in Sieben Heere von Tobias O. Meißner (Nov. / Piper) oder in Age of Iron: Der Krieger von Angus Watson (Dez. / Piper). Beide sind übrigens scheinbar Auftaktbände zu neuen Reihen.

Der einzige Trend, der sich ganz vorsichtig andeutet, ist der, dass es mehr und mehr weibliche Heldinnen gibt. Die gab es natürlich schon immer, aber gerade im Bereich der High-Fantasy waren die Hauptfiguren oft männlich: In Blut aus Silber von Alex Marshall (Okt. / Piper) ist dies ganz anders, ebenso zum Beispiel in Black Blade: Das eisige Feuer der Magie von Jennifer Estep (Okt. / Piper).

In der Belletristik dreht sich viel um Familie, den eigenen Lebensweg und die Bahnen, die dorthin geführt haben. Man interessiert sich für Ahnen und Vergangenes, weiß man doch, dass sie ebenso einen Anteil an der Ausbildung des eigenen Charakters, der eigenen Lebensführung haben, wie selbsterwählte Handlungen. Leser und Literatur werden offener. Verschließen nicht mehr die Augen vor dunklen Kapiteln, sondern blicken ihnen tolerant und interessiert entgegen.

Wenn wir uns bspw. Historische Romane betrachten, fällt uns auf, dass wir vor einigen Jahren fast nur Bücher gelesen habe, die im Mittelalter spielen. Wir glauben, dass sie einen großen Anteil an historischen Texten ausgemacht haben. Im Herbst- wie aber auch schon im Frühjahrsprogramm, schaut man nicht mehr so weit in der Geschichte zurück. Nimmt sich nun auch dem Bereich der deutschen Historie an, in der es einige düstere Abschnitte zu verzeichnen gibt. Es wird nichts beschönigt und doch wird nicht – wie noch vor ein paar Jahren – immer nur darauf herumgeritten, was in dieser Zeit schreckliches passiert ist, sondern anschaulich dargelegt, dass es auch Menschen gab, die neben all der Grausamkeiten versucht haben ein „normales“ Leben zu führen. Die sich verliebt haben, Kinder bekommen haben und sich ihrer Familie, ihrer Arbeit, ihrem Überleben gewidmet haben, so gut es eben ging. Im Herbstprogramm finden sich dazu einige sehr interessant klingende Neuerscheinungen. Allen voran „Fieber am Morgen“ von P. Gardós, ein Roman, der im Oktober im Verlag Hoffmann und Campe erscheint und eine wahre Geschichte erzählt. Oder „Die Liebenden“ von G. Henschel (Okt. / Atlantik), dessen Liebesgeschichte nicht nur vom Zweiten Weltkrieg erzählt, sondern auch die Zeit danach, die Zeit des Aufbaus und Wiederbeginns mit einbezieht. Ein Krieg, der sich in unvorstellbaren Maßen durch viele Länder gezogen hat, wie Richard Flannagan in seinem als „schmerzvoll poetischen“ deklarierten Werk „Der schmale Pfad durchs Hinterland“ (Sept. / Piper)  erzählt.

Nicht nur die Identität des eigenen Landes, des eigenen Volkes interessiert und hilft bei Aufklärung, Verständnis und Information, sondern natürlich auch die Geschichte der eigenen Familie. Suche nach Identität ist schon seit langem ein Thema und tritt auch im Herbstprogramm wieder auf. In unterschiedlichen Formen dargestellt findet dieses Thema Unterkunft in den Romanen „Morgenland“ / S. Abarbanell (Sept. / Blessing), „Junge Hunde“ / C. Travnicek (Okt. / DVA) und „Ein Sturm wehte vom Paradies her“ / J. Anyuru (Sept. / Luchterhand).

Es ist spannend zu sehen, welche Eigenschaften sich durch Generationen hindurchziehen, welche Familienmitglieder ihr Rollenbild beibehalten, wer es schafft aus dem Gefüge auszubrechen. Vielleicht steckt ein bisschen Voyeurismus dahinter, vielleicht einfach das Interesse am Menschen. Was auch immer es ist, der Generationenroman bleibt im Trend. Ganze fünf Generationen vereint M. Bittl in ihrem Roman „Das Fossil“ (Okt. / Droemer). K. Atkinson, Meisterin der Beobachtung und geschätzt im aufmerksam machen auf Verstecktes, betrachtet drei Generationen in ihrem neusten Werk „Glorreiche Zeiten“ (Nov. / Droemer). Aber auch der Blick auf nur eine Generation, die intensive Betrachtung und herausarbeiten generationenspezifischer Eigenschaften verliert nach wie vor nicht die Aufmerksamkeit, wie z.B. K. Kaufmanns Roman „Superposition“ (Aug. / Hoffmann und Campe) zeigt.

Eine – wie wir finden positive – Entwicklung ist für mich im Bereich der Liebesromane erkennbar. Weniger Kitsch, mehr Aufmerksamkeit für einzelne Charaktere, mehr Toleranz für die jeweilige Person. Wir treffen nicht mehr nur einsame verlassene, pummelige junge Frauen und extrem gutaussehende superheldenhafte Männer, sondern legen das Augenmerk darauf, was die Liebe wirklich ausmacht: Glücksgefühle, Geborgenheit, sich selbst finden, Tiefgründigkeit. Dabei ist es völlig gleich, ob die Protagonisten 83 Jahre alt sind, so wie in „Etta und Otto und Russell und James“ / E. Hooper (Sept. / Droemer), oder Urlaubsvertretung in einem anderen Leben machen müssen, um ihr eigenes Glück zu finden, so wie Dorle in „Die erstaunliche Wirkung von Glück“ / S. Rehlein (Okt. / DuMont). Manchmal muss man zuerst dafür sorgen, dass viele andere glücklich sind, bevor man um die eigene Liebe kämpft so wie Stella in „Zwanzig Zeilen Liebe“ / R. Coleman (Aug. / Piper).

Der Herbst verspricht spannend zu werden. Gefühlt werden die Bedürfnisse der Leser, die sich schon im Frühjahrsprogramm abzeichneten, ernst genommen und bereits vorhandene Trends weiter verfolgt. Zugleich scheinen die Verlage ebenso offen für Neues, wie ihre literarischen Schützlinge. Sie zeigen sich mutig neue Wege zu beschreiten und bescheren uns damit ein Herbstprogramm das keinerlei (Lese-) Langeweile aufkommen lässt.


Welchem Trend des Herbstprogramms werdet ihr folgen?
Wie findet ihr es, dass es auch in der Buchbranche Trends gibt?